„Gott sei Dank sind das schon viele mit gesamtheitlicher Sichtweise“

Für Spar-Vorstand Gerhard Drexel ist ein komplexes und intransparentes TTIP völlig unnötig.
dornbirn, Salzburg. Eine simple Vereinbarung zur Angleichung von Industriestandards genüge. Ein kompliziertes TTIP, das Landwirtschaft und Lebensmittel beinhaltet, sei entbehrlich.
Wie auch weite Teile der Zivilgesellschaft sind Sie der Ansicht, dass Schiedsgerichte nationale Parlamente entmachten, dass der Schaden durch TTIP für Europa und Österreich gigantisch und unumkehrbar wäre und die Sektoren der Lebensmittelwirtschaft – also Landwirtschaft, Lebensmittelerzeugung, Lebensmittelhandel – und letztlich alle Konsumenten beträfe. Warum weigern sich Ihrer Meinung nach Teile der ÖVP und der Industrie weiterhin beharrlich, diese Gefahren zu sehen?
Drexel: Weil die Sache nicht ganzheitlich betrachtet wird, sondern von den meisten immer nur aus ihrem eigenen Blickwinkel heraus. Die ÖVP vertritt in erster Linie die (metallverarbeitende) Industrie. Nur dieser beschränkte Teil der Industrie kann möglicherweise profitieren durch Angleichung von Standards. Die Vertreter haben dabei leider nicht im Auge, dass ein verhandeltes TTIP mehr Nachteile für alle anderen Sektoren der Wirtschaft, für die Landwirtschaft und die gesamte Bevölkerung brächte, sie sehen nur ihren eigenen Vorteil.
Aufgrund des immer massiver werdenden Drucks der Zivilbevölkerung sind Grüne, SPÖ und auch viele Freiheitliche sensibilisiert. Mut seitens der ÖVP zeigen einzelne Landeschefs und der Bauernbundpräsident. Warum sind hier Bundes- wie auch Europapolitiker nach wie vor blind gegenüber der offensichtlichen und einseitigen Vorteile für die US-Agrar-Chemie-Industrie-Konzerne wie z. B. Monsanto?
Drexel: Alle, die sich um eine ganzheitliche Sichtweise bemühen, erkennen den riesengroßen und irreversiblen Schaden, den TTIP verursachen würde.
Gott sei Dank sind das jetzt schon viele, vor allem die Landwirtschaft erkennt langsam, dass für sie TTIP eine Existenzbedrohung darstellen würde. Aber die Europapolitiker lassen sich einfach von der riesigen Lobbyistenmacht der amerikanischen Großkonzerne über den Tisch ziehen. Sie sind da immer noch viel zu blauäugig. Das ist leider ein trauriges Faktum.
Was ist notwendig, um ein faires, ethisches und ökosoziales Handelsabkommen für die europäischen Bürger und die Realwirtschaft, das für wahren wirtschaftlichen Aufschwung steht, zustande zu bringen?
Drexel: Zur Angleichung von Standards von Industrieprodukten braucht es kein komplexes „Handelsabkommen“. Da genügt – vereinfacht gesprochen – eine simple Vereinbarung. Aus meiner Sicht sollte man das TTIP sofort stoppen, Landwirtschaft, Lebensmittel-, Gesundheits- und Kultursektor rausnehmen, nur die Industrie soll sich ein paar Standards ausmachen. Fertig.
Landwirtschaft und Gesundheit müssen raus aus TTIP.
Gerhard Drexel