Ökofeminismus wendet sich dem Leben zu!

„Wenn die Menschheit überleben will, muss sie sich von drei Formen des Kolonialismus befreien.“
BREGENZ Unermüdlich kämpft die Umweltaktivistin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, für ein neues, globales ökologisch-soziales Wirtschaftssystem. Sie rief u. v. a. den Ökofeminismus, die „echte“ Demokratiebewegung wie auch das World Future Council, welches sie auch nach Vorarlberg führte, ins Leben. „In nature’s economy the currency is not money, it is life“, bringt sie ihre Naturkreislaufwirtschaft auf den Punkt. In Bregenz setzte sie nach: „We are either going to have a future where women lead the way to make peace with the Earth or we are not going to have a human future at all.“
Probleme gemeinsam lösen
Der wichtigste „Wandel unserer Zeit“ ist für Vandana Shiva „die Überwindung und Befreiung von drei Formen des Kolonialismus: die Kolonialisierung der Natur, die zur ökologischen Krise geführt hat, zweitens die Kolonialisierung der Frauen, die das weibliche Geschlecht als minderwertig sieht und zum Kampf der Geschlechter und Gewalt gegen Frauen geführt hat. Und drittens natürlich die Kolonialisierung der nicht-westlichen Kulturen, die zum Dritte-Welt-Problem geführt hat und sich in den Debatten im Nord-Süd-Konflikt ausdrückt. Diese drei Probleme können wir nur gemeinsam lösen.“
Neues Demokratieverständnis
Am Welt-Umwelttag 1999 haben sich auf ihre Initiative Kritiker der herrschenden Globalisierung zum „Living
Democracy Movement“ zusammengeschlossen. Eine ganzheitliche Umweltschutz-Initiative und Friedensbewegung im Einsatz für nachhaltige Entwicklung und Selbstbestimmung. Lokale Gruppen kämpfen um die Bewahrung biologischer Vielfalt, regionale politische und ökonomische Rechte und eine Erneuerung der Demokratie auf der Basis demokratisch organisierter regionaler Gemeinschaften. „Wir brauchen ein neues Paradigma, um die Zerstörung gesund gewachsener Strukturen zu beenden – eine Bewegung, die uns hilft, von einer destruktiven Kultur der Gewalt, Zerstörung und des Todes zu einer gewaltfreien, friedlich kreativen und lebenserhaltenden Kultur zu kommen.“
Ökologische Naturgesetze
Vandana Shivas Verständnis von Demokratie geht weit über die herrschende westliche Definition hinaus. Daher fordert ihr „Living Democracy Movement“ demokratische Rechte für alle Lebensformen auf dem Planeten, statt nur für Menschen. Neben Wahlrechten will sie neue Freiheiten für die Gestaltung der eigenen Lebensweise und die Souveränität der Bevölkerung über Wasserqualität, Nahrungsmittel sowie die Qualität der Kleidung verbindlich verankert wissen. Die Physikerin beruft sich auf die universelle Gültigkeit ökologischer Naturgesetze und stellt die Gültigkeit internationaler Handelsabkommen prinzipiell in Frage. Der zentralisierten Macht der Konzerne setzt sie dezentrale Strukturen auf der Basis friedlicher Koexistenz entgegen und baut auf die Werte des Mitgefühls, der gegenseitigen Hilfe und des Teilens.
Stabilität durch Vielfalt
Aus der ökofeministischen Sicht definiert sich Wachstum nicht als materieller Überschuss und Profit, sondern als menschliches Engagement für mehr Stabilität durch Vielfalt, wachsende Lebensqualität, funktionierende Selbstversorgung und verantwortungsbewusste Vorsorge. Vandana Shiva bezieht alle Tätigkeiten, die vom Westen als „unproduktiv“ oder „ehrenamtlich“ eingestuft werden, mit ins Bruttosozialprodukt ein. Ihre Studie zur westlichen land-
wirtschaftlichen Entwicklungsstrategie benennt diese klar als absolute Fehlentwicklung, die auf mehreren falschen, männlich dominierten Annahmen basiert und des Weiblichen beraubt ist.
Männliche Prägung führt zu ökologischer Zerstörung, Militarismus und Ausbeutung. Patriarchalische Gesellschaften fußen auf Hierarchie und Konkurrenz. Erfolg wird hier nicht mit dem Wert für das Gemeinwohl gesehen, sondern bemisst sich im individuellen Machtzuwachs, welcher repressive Kontrollmechanismen zu seiner Absicherung benötigt. Männlich geführte Konzerne übernehmen zunehmend Kontrolle über das Leben an sich. Dem männlich geprägten Begriff von „Macht“, der auf die „aggressive Überwindung, Dominanz und Beherrschung ausgerichtet ist“, stellt Vandana Shiva die weibliche „innere Macht“ entgegen, die allen Formen der Unterdrückung eine klare Absage erteilt, auf Ermutigung ausgerichtet ist und nicht um des eigenen Vorteils willen die Vernichtung des anderen in Kauf nimmt.

Infolink: Kolonialismus heute –
www.facebook.com/robert.teh.92/videos/3586932794730146