„Den Schwindel ernst nehmen“

Gesund / 02.11.2012 • 11:39 Uhr
Das Medizinertrio referierte vor einem vollen Saal. Foto: vn/hofmeister
Das Medizinertrio referierte vor einem vollen Saal. Foto: vn/hofmeister

Er zählt neben Kopfschmerzen zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch.

Wolfurt. (VN-mm) Drei Experten am Podium und rund 600 Besucher im Saal: Das Thema Schwindel bewegt die Menschen in jeder Beziehung. Was allerdings kaum verwundern sollte, zählen Schwindelattacken neben Kopfschmerzen zu den häufigsten Ursachen für einen Arztbesuch. Primar Dr. Wolfgang Elsäßer, Leiter der HNO-Abteilung im LKH Feldkirch, untermauerte diese Tatsache mit amerikanischen Zahlen. In den dortigen Notfallambulanzen werden jährlich 7,5 Millionen Aufnahmen allein aufgrund von Schwindelanfällen verzeichnet. Aber: „Auch unsere Ambulanzen sind gut gefüllt“, merkte Elsäßer an.

Klare Grenzen ziehen

Da es verschiedene Arten von Schwindel gibt, beschäftigen sich verschiedene medizinische Fachrichtungen mit diesem Symptom. „Deshalb ist es wichtig, schon bei der Abklärung klare Grenzen zu ziehen“, betonte Wolfgang Elsäßer. Das gilt ebenso für die Unterscheidung zwischen einem gutartigen und lebensbedrohlichen Schwindel. In jedem Fall, so betonten alle drei Ärzte, ist bei einem akut auftretenden Schwindel ein Arztbesuch zu empfehlen, da dem Schwindel auch eine lebensbedrohliche Krankheit zugrunde liegen kann, beispielsweise ein drohender Schlaganfall. Erster Ansprechpartner sei der Hausarzt, legten die Fachärzte dem Publikum im Sinne der Einhaltung der Versorgungspyramide noch ans Herz.

Gleichgewichtstraining

Die Ursachen, die zu Schwindelanfällen führen, sind noch immer nicht ganz geklärt. Entzündungen, Erkrankungen, Traumen, mechanische Schädigungen, Nerventumore, Medikamente, Alkoholmissbrauch: Die Palette der Möglichkeiten ist groß. Die meisten Schwindelattacken gehen vom Gleichgewichtsorgan im Ohr aus. Ist dieses durch innere oder äußere Einwirkungen gestört, erhält das Gleichgewichtszentrum im Gehirn widersprüchliche Informationen. Der Versuch, diese auszugleichen, endet im Schwindel. Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen, Kopfschmerzen und Gangunsicherheit. Die Behandlung erfolgt meist mithilfe von Medikamenten. Als besonders wichtig bezeichnete Primar Elsäßer aber das Gleichgewichtstraining. Dabei lernt das Gehirn, mit den Fehlmeldungen zurechtzukommen.

Beim gutartigen, anfallsweise auftretenden Lagerungsschwindel bringen, richtig gemacht, meist sogenannte Befreiungsmanöver eine sofortige Besserung. Auch ein Übungsprogramm, das zu Hause durchgeführt werden kann, hilft, schwindelfrei zu bleiben.

Diagnose sichern

Schwindel kann aber auch eine Sache für den Neurologen werden. Dann nämlich, wenn es um Schlaganfall, Migräne oder Entzündungen geht. Ein großes Problem ist laut OA Dr. Philipp Werner (LKH Feldkirch/Rankweil) neben diesen Aspekten der chronische Alkoholmissbrauch. Er lässt das Kleinhirn um bis zu ein Drittel schrumpfen. Egal, was einem Schwindel zugrunde liegt: „Es gilt immer, die Diagnose zu sichern“, sagte Werner. Niemand solle sich mit dem Hinweis auf Schwindel zufriedengeben. „Es muss die Art des Schwindels abgeklärt werden“, legte der Neurologe nach. Denn nicht immer ist es mit Medikamentengaben getan.

Grunderkrankung behandeln

Eine andere Form des Schwindels ist der unsystematische. Hier kommen die Internisten ins Spiel. „Dem Patienten wird schwarz vor Augen, er hat das Gefühl, umzukippen, dazu spürt er Hitze und Übelkeit“, beschrieb OA Dr. Daniel Sturn (LKH Feldkirch) die typischen Symptome. Dabei handelt es sich um Kreislaufstörungen bedingt durch zu niedrigen oder zu hohen Blutdruck oder Grunderkrankungen wie eine Herzschwäche bzw. Herzrhythmusstörungen, die Schwindel auslösen und eine entsprechende Behandlung benötigen. Auch Blutarmut, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Leber- und Nierenerkrankungen sowie Diabetes machen anfällig für Schwindelattacken. Vorsicht ist laut Sturn auch im Alter geboten. Rund 40 Prozent der Senioren sind von Schwindel betroffen. Damit einher geht ein höheres Sturzrisiko. Ebenso steigern Angst, Depressionen, Hörstörungen und Medikamente die Gefahr von Schwindelanfällen.