Ein kleines Fach mit großer Wirkung

Die Labormedizin gibt tiefe Einblicke in die Befindlichkeit eines Menschen.
Feldkirch. (VN-mm) Applaus und Lob waren redlich verdient. Primar Dr. Peter Fraunberger, Leiter des Medizinischen Zentrallabors (MZL) im LKH Feldkirch, gelang es eindrücklich darzustellen, wie Laborbefunde zustande kommen und welche Aussagekraft sie beinhalten. Von Eigeninterpretationen oder, meist kostenpflichtigen Erklärungen durch Internet-anbieter riet der Facharzt für Laboratoriumsmedizin den zahlreichen Mini-Med-Besuchern allerdings ab. Befundbesprechungen sollten dem Arzt des Vertrauens vorbehalten bleiben. „Er kennt seine Patienten am besten“, so Fraunberger. Außerdem würde er sich dringend eine Ausweitung der Parameter für Gesundenuntersuchungen wünschen.
Hohe Arbeitsleistung
Die Labormedizin stellt sich zumindest nach außen hin als kleines Fach dar. Das gilt jedoch nur für die Kosten, die im großen Kuchen des Gesundheitswesens nur ein schmales Stück ausmachen. Was die Arbeitsleistung betrifft, kann sich das Zentralmedizinische Labor in Feldkirch durchaus mit großen Kliniken messen. Zum Vergleich: In Feldkirch werden jährlich 4,5 Millionen Analysen durchgeführt. An der Uniklinik Innsbruck sind es 6 Millionen. Das MZL versorgt alle Landeskrankenhäuser sowie einen Teil des niedergelassenen Bereiches mit labormedizinischen Leistungen.
Zu Beginn des Vortrags gab es einen Exkurs durch die Geschichte der Labormedizin. Die bediente sich in grauer Vorzeit sogenannter „Harnschauer“. Fraunberger: „Diese Leute waren sehr gut ausgebildet und konnten viel aus Harnproben herauslesen.“ Zu den besten Harnschauern zählten übrigens die Mönche in St. Gallen. Ihnen wurden Proben aus der ganzen Welt zugeschickt. Danach ging es schnell voran. Ein großer Schritt war laut Fraunberger die Entwicklung des Mikroskops. Dann entdeckte man die Blutgruppen, die Antikörper bis hin zur Molekularmedizin, welche die Entschlüsselung des gesamten menschlichen Genoms ermöglicht.
Aussagekräftiges Blut
Zu den Aufgaben der Labormedizin zählen Diagnose, Therapiekontrolle und das Verhindern von Krankheiten im Zuge von Vorsorgeuntersuchungen. Rund 64 Prozent aller Diagnosen beruhen auf Laborwerten, bei Verlaufsbeobachtungen sind es sogar 90 Prozent. „Die meisten Informationen erhalten wir aus dem Blut“, erklärte Peter Fraunberger. Der Laborwert selbst entsteht aus Indikation, Blutabnahme und Analyse im Labor. Auf dem daraus resultierenden Befund basiert die klinische Konsequenz für den Patienten. Die Fehlerquote im Labor sei sehr gering, bekräftigte Fraunberger. Denn es handle sich um einen sowohl intern wie extern sehr gut kontrollierten Bereich. „Allerdings muss auch der Befund richtig gedeutet werden“, merkte der Labormediziner an.
Einflüsse berücksichtigen
Peter Fraunberger verwies darauf, dass ein pathologischer, also krankhafter Befund, nicht automatisch eine Krankheit verheißt. Es gibt Einflussgrößen, die Substanzen im Blut oder im Urin verändern können. Dazu zählen Ernährung, Alkoholkonsum, Medikamente, Bewegung und sogar die Körpergröße. Unveränderliche Faktoren sind Alter, Geschlecht, Rasse und Gene. „Das alles muss berücksichtigt werden“, so Fraunberger. Deshalb ist beispielsweise ein erhöhter PSA-Wert beim Mann noch kein Indiz für Prostatakrebs. Zumal der PSA-Wert durch Radfahren oder eine vorherige rektale Untersuchung erhöht sein kann. Im Übrigen sei das PSA kein Tumor-, sondern ein Gewebemarker, stellte der Arzt klar. Und: Beim PSA gehe es um die Langzeitbeobachtung.
Freund oder Feind
Auch das Cholesterin ist ein Marker, aus dem Labormediziner sehr viel herauslesen können. Ob genetische Untersuchungen mehr Freund oder eher Feind sind, diese Frage gab Primar Peter Fraunberger den Besuchern „zum Nachdenken“ mit auf den Heimweg. Sicher ist, dass sich bei Krankheiten mit nur einer Genmutation sehr genaue Prognosen stellen lassen, auch, was die Behandlung angeht. Schwieriger wird es bei Krebs oder Diabetes, weil dort viele Gene beteiligt sind.