Marlies Mohr

Kommentar

Marlies Mohr

Kostbare Freiheiten

Gesund / 30.11.2012 • 11:37 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

Das Bild hinter dem hell erleuchteten Fenster hatte etwas geradezu Elegisches an sich. Eine Frau am Klavier, versunken in die Melodie und das Spiel ihrer Hände auf der schwarz-weißen Tastatur. Die Kinder in der Schule. Der Mann bei der Arbeit. Ein bisschen Zeit für sie selbst nach einem, vielleicht hektischen Morgen.

Was sie spielte war für den Betrachter nicht hörbar. Verbundglas, oder was immer die dem Instrument entlockten Klänge wie schützend umgab, hält dicht. Aber es brauchte in diesem Fall gar kein Lauschen an der Wand. Die Szenerie wirkte an diesem trüben Tag auch tonlos magisch und bezaubernd. Allein dadurch, dass sie Ruhe und Zufriedenheit ausstrahlte.

Ich mag mich jetzt zum was weiß ich wievielten Male wiederholen und doch: Es sind kleine Momente wie diese, die unser Leben so ungemein bereichern. Kostbarkeiten, die nur uns gehören. Die wir mit niemandem teilen müssen, wenn wir nicht wollen. Die wir uns nehmen können, wann immer uns danach verlangt oder gelüstet.

Schade nur, dass im Hamsterrad des Alltags oft darauf vergessen wird. Man könnte ja etwas versäumen, irgendwo zu kurz kommen, bei vermeintlich Wichtigem nicht dabei gewesen sein. Und dann? Steht die Welt immer noch. Fünf Minuten, zehn Minuten, eine Viertelstunde: Ob wir sie „verbummelt“ haben spielt am Ende des Tages keine Rolle mehr. Hauptsache, es war zu unserem Wohle. Man muss sich diese Freiheit nur nehmen. Es auch zu tun, liegt allerdings an jedem von uns selbst.

marlies.mohr@vn.vol.at

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