Hilfe für „Scharniere“

Gesund / 15.11.2013 • 11:48 Uhr
Der Cubus in Wolfurt erwies sich für den enormen Besucherandrang fast als zu klein. Foto: VN/Hartinger
Der Cubus in Wolfurt erwies sich für den enormen Besucherandrang fast als zu klein. Foto: VN/Hartinger

Die Frühdiagnostik wird auch bei Gelenks-erkrankungen immer wichtiger.

Wolfurt. (VN-mm) Der Körper altert, und mit ihm tun das auch die „Scharniere“, die für einen reibungslosen Bewegungsablauf sorgen sollen. Was jedoch oft nicht mehr der Fall ist. Die Gelenke schmerzen, weil die dämpfende Knorpelschicht abgenutzt ist oder Bakterien für Entzündungen sorgen. Arthrose bzw. Arthritis heißen die Krankheiten, die vielen das Leben schwer machen. Dass es tatsächlich viele sind, zeigte das Interesse, das der Mini-Med-Vortrag zu diesem Themenkreis hervorrief. Über 700 Besucher drängten sich im Cubus in Wolfurt, um mehr über Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten zu erfahren.

Schäden vermeiden

Den Anfang machte Primar Dr. Antonius Schuster. Er leitet die radiologische Abteilung im LKH Bregenz. Der Radiologie kommt insbesondere bei der Diagnoseerstellung eine wichtige Rolle zu. „Es gibt rund 200 verschiedene Erkrankungsmuster. Eine unserer Aufgaben ist es, die selteneren Arthritis-Patienten herauszufiltern. Denn sie benötigen eine andere Therapie als jene mit Arthrose“, erklärte Schuster. Auch das Verifizieren von „Gelenksschmerzen“ obliegt der Radiologie. So können sich diese als Tumor oder Tennisellenbogen erweisen, wie der Arzt anhand von zwei Beispielen darlegte.

Bei der Arthrose handelt es sich um eine Verschleißerkrankung der Gelenke. Sie kann angeboren oder durch Überbelastung verursacht sein. Dabei wird der Knorpel abgerieben, bis der Knochen freiliegt. Der versucht das zusätzliche Gewicht durch den Anbau neuer Knochenmasse abzustützen, was häufig Entzündungen auslöst. Die Arthritis wiederum ist eine entzündliche Gelenkserkrankung, ausgelöst durch Bakterien oder Hormon- und Stoffwechselstörungen. In einem solchen Fall wuchert die Schleimhaut in die Gelenke, beginnt dort den Knorpel anzufressen und zu zerstören. „Mittels bildgebender Verfahren ist es möglich, diese Erkrankungen frühzeitig zu diagnostizieren“, so Schuster. Auf diese Weise kann therapiert werden, bevor irreparable Schäden entstehen.

Schmerzliche Anzeichen

Über Arthrosen im Kniegelenk referierte OA Dr. Arno Martin, interimistischer Leiter der Abteilung für Orthopädie im LKH Feldkirch. Seinen Aussagen zufolge sind etwa 3 Prozent der unter 54-Jährigen und 15 Prozent der über 65-Jährigen betroffen. Glücklicherweise zeige nur jeder Fünfte schwere Symptome. Was die Risikofaktoren für Kniegelenks-Arthrosen angeht: Dazu zählen Fehlbildungen, O- und X-Beine, Knorpelschäden, Meniskusverletzungen, Rheuma, Gelenksinfektionen und Fettleibigkeit. Typische Anzeichen sind Anlauf- und Belastungsschmerzen, Schmerzen in der Nacht oder ein „Knistern“ in den Gelenken.

Knorpel und Knochen

An Therapieoptionen stehen bei kindlichen Deformationen wachstumslenkende Operationen zur Verfügung. Bei Knorpelschäden können Medikamente die Knorpelqualität verbessern. „Ebenso ist es möglich, Knorpel und Knochen von intakten Gelenken in das zerstörte Gelenk zu transplantieren“, erklärte Martin. Die Züchtung von eigenen Knorpelzellen funktioniert derzeit nur bei jüngeren Patienten. Ab 45 sei diese Methode nicht mehr zu empfehlen. Da hilft dann oft nur eine Knieprothese. Vor jeder Operation sollten, so Arno Martin, aber die nicht-operativen Maßnahmen ausgeschöpft werden. Gymnastik, Radfahren, Schwimmen, Kälteschutz, Belastung reduzieren: Das alles kann zu einer Linderung der Schmerzen beitragen.

Arno Martin informierte über Knie-Arthrose. Foto: VN/hartinger
Arno Martin informierte über Knie-Arthrose. Foto: VN/hartinger

Fragen aus dem Publikum

Was halten Sie von einer Blutbehandlung im Knie?

Martin: Diese Frage ist schwierig zu beantworten, weil die Technik noch sehr jung ist und man derzeit nicht weiß, was sie bringt. Es gibt aber bereits niedergelassene Orthopäden, die sie anbieten. Sie ist außerdem einfach durchzuführen.

Was heißt Gelenkssteifigkeit am Morgen?

Heinzle: Bei Bewegung verursachen die Gelenke Reibeschmerzen, die sich in die Muskelfasern fortsetzen. Eine Therapieoption ist das Spritzen von Hyaluronsäure in den Knorpel. Das wirkt wie ein Schmiermittel, macht weniger Abrieb und damit weniger Schmerzen. Allerdings hilft die Methode maximal ein bis zwei Jahre.

Für wie sinnvoll halten Sie eine Magnetfeldtherapie?

Martin: Das hängt vom Fortschritt der Degeneration ab. Ich möchte der Magnetfeldtherapie keineswegs ihre Wirkung absprechen. Im Frühstadium der Erkrankung hilft sie vielleicht, bei einer starken Arthrose nicht mehr.

Ich leide an rheumatoider Arthritis und muss starke Medikamente nehmen, die Nebenwirkungen haben. Gibt es eine homöopathische Alternative?

Heinzle: Nein, ich rate sogar dringend von homöopathischen Mitteln ab. Denn es handelt sich um eine schwere Autoimmunerkrankung, die eine gute medikamentöse Betreuung erfordert. Die Medikamente verursachen Nebenwirkungen, aber es gibt einen Stufenplan, in dessen Rahmen die Behandlung individuell abgestimmt werden kann. Es ist wichtig, dabei zu bleiben. Homöopathische Mittel können die Krankheit nicht positiv beeinflussen.

Lässt sich eine Arthrose rückgängig machen und hängt sie mit der Ernährung zusammen?

Heinzle: Die Medizin kann viel, aber leider nicht zaubern. Der biologische Knorpelersatz wird die Zukunft sein.

Martin: Zur einen Frage: Rein an der Ernährung lässt sich eine Arthrose nicht aufhängen. Zur anderen Frage: Ein Ziel der Forschung ist es, genetische Ursachen für das Entstehen von Arthrose herauszufinden. Dann wäre es auch möglich, Medikamente herzustellen, die den Ausbruch der Krankheit verhindern oder zumindest verzögern könnten.

Wie sieht es mit der Wartezeit für eine Gelenksersatz-Operation aus?

Heinzle: Da hat sich vieles gebessert. Sie beträgt etwa ein halbes Jahr. Das ist akzeptabel. Und schwere Fälle werden ohnehin vorgezogen.

Was halten Sie von Sauna und Infrarotbestrahlung?

Martin: Wenn Ihnen die Sauna guttut, ist nichts dagegen einzuwenden. Ein positiver Einfluss auf die Arthrose ist in der Medizin zwar nicht bekannt, aber auch kein negativer.

Ist Magnesium gut für die Knochen?

Heinzle: Ich bin grundsätzlich gegen die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, auch vorbeugend. Besser ist es, sich gesund zu ernähren.

Was kann ich gegen die Nachtschmerzen unternehmen?

Heinzle: Da wäre Kortison eine Möglichkeit. Bei entsprechender Dosierung schadet es nicht.

Martin: Bei andauernden Nachtschmerzen sollten operative Maßnahmen in Erwägung gezogen werden. Denn eine ständig gestörte Nachtruhe macht mürbe. Wer ein Gelenksimplantat hat, sollte sich zudem regelmäßigen Kontrollen beim Orthopäden unterziehen, um Veränderungen frühzeitig feststellen zu können. Dann sind notwendige Revisionen nicht mehr so aufwendig durchzuführen.