Wenn Wespen Feinde werden
Allergie-Impfung schützt vor lebensbedrohlichen allergischen Reaktionen durch Stiche.
Linz. Die Wespen schwirren wieder. Nach einem milden Winter und anhaltend schönem Wetter hat die Flugsaison heuer früher gestartet. Experten erwarten dazu eine starke Wespensaison. Für Allergiker gilt jetzt die Warnstufe rot, denn so kann bereits ein einziger Stich das Leben kosten. Mit der Allergie-Impfung gibt es die Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit einen sicheren und langfristigen Schutz vor den allergischen Überreaktionen aufzubauen.
Unbedachtes Verhalten
Aufgrund des milden Winters begannen Wespen heuer einige Wochen früher mit der Koloniegründung und haben damit eine deutlich höhere Anzahl an Nachkommen als im Vorjahr. Das bedeutet: viele Wespen. Für Insektengift-Allergiker beginnt eine gefährliche Zeit. Wenn bald auch das reife Obst von den Bäumen fällt, ist die Hochsaison erreicht. Früchte sind für Wespen äußerst schmackhafte Leckerbissen und deshalb eine besondere Gefahrenquelle für Allergiker. Zu Stichen kommt es meist durch unbedachtes Verhalten: panisches Vertreiben der Tiere, barfuß laufen oder Unachtsamkeit beim Essen und Trinken im Freien. „Für Menschen, die auf Bienen- oder Wespengift allergisch reagieren, stellt schon ein einziger Stich eine große Gefahr dar, die jedes Jahr für einige Allergiker tödlich endet“, warnt Assoz.-Prof. Dr. Gunter Sturm, Leiter der Arbeitsgruppe Allergologie der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie.
Unterschätzte Gefahr
Immer noch unterschätzen Betroffene die Gefahr einer Insektengift-Allergie. Etwa 3 Prozent der österreichischen Bevölkerung – das sind ungefähr 280.000 Personen – entwickeln allergische Reaktionen auf Insektengift. Dabei setzt der Körper einen massiven Abwehrmechanismus in Gang. Hunderte Österreicher müssen jeden Sommer in Notaufnahmen versorgt werden und fünf bis zehn sterben an den Folgen eines Stichs. Experten gehen allerdings von einer höheren Dunkelziffer an Todesfällen aus, da insbesondere plötzliche Todesfälle im Freien durch eine sogenannte Insektengiftanaphylaxie verursacht sein können.
Stich mit schweren Folgen
Eine schmerzhafte Schwellung nach einem Bienen- oder Wespenstich? „Das ist völlig normal“, so Sturm. Jeder reagiere nach einem Stich. Vorübergehende schmerzhafte Schwellungen, Quaddeln sowie Juckreiz direkt an der Einstichstelle seien normale Reaktionen des Körpers. Treten allerdings Beschwerden ohne Zusammenhang mit der Einstichstelle auf, handelt es sich möglicherweise um eine gefährliche Situation. Innerhalb von Minuten bis zu einer halben Stunde nach dem Stich sind Reaktionen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Ausschlag, Schweißausbrüche, Schwäche- und Schwindelgefühl, Schluckbeschwerden oder Atemnot ein deutliches Zeichen einer Insektengift-Allergie.
Allergie: und jetzt?
Der Experte rät: „Bei diesen Beschwerden sollten Betroffene unbedingt und unmittelbar den Arzt aufsuchen, der abklären kann, ob eine Allergie vorliegt.“ Denn beim nächsten Stich schon können schwere Reaktionen bis zum lebensbedrohlichen allergischen Schock auftreten.
Patienten mit der Diagnose Bienen- oder Wespengift-Allergie erhalten nach positiver Testung ein Notfallset mit lebensrettenden Medikamenten. Geraten Betroffene nach einem Stich wieder in eine Gefahrensituation, kann vor allem Adrenalin in Form eines handlichen Autoinjektors lebensbedrohliche Reaktionen aufhalten. „Im Frühling, Sommer und Herbst sollte das Notfallset immer griffbereit sein“, appelliert Sturm.
Ein zweiter wichtiger Schritt ist die spezifische Immuntherapie, auch bekannt als Allergie-Impfung und Hyposensibilisierung. Diese Therapie zielt darauf ab, den Körper an das Insektengift zu gewöhnen, wodurch die Ursache einer Allergie behandelt wird und ein langfristiger Schutz aufgebaut werden kann. Sturm: „Die Erfolgsrate bei Wespengiftallergikern liegt bei 95 Prozent. Kaum eine andere medizinische Therapie ist so erfolgreich. Wir raten daher allen unseren Patienten, sich auf diese Weise zu schützen.“
Und so geht es: „Für die Aufimpfung stehen verschiedene Protokolle zur Verfügung. Konventionelle Therapieprotokolle können ambulant durchgeführt werden. Dies nimmt jedoch etwas mehr Zeit in Anspruch. Schnellere Schemata erfolgen tagesklinisch oder stationär. In der Regel ist ein kurzer Spitalsaufenthalt nötig. Allerdings ist ein Schutz bereits innerhalb kurzer Zeit erreicht – deshalb kann noch mit der Therapie begonnen werden“, erklärt Sturm. „Im Anschluss aller Aufimpfungen muss die Erhaltungsdosis alle vier bis sechs Wochen vom niedergelassenen Arzt verabreicht werden.“ Für lebenslangen Schutz sollten die monatlichen Spritzen 3 bis 5 Jahre fortgeführt werden.
Weitere Infos auf
www.initiative-insektengift.at