Krankheiten aus dem Tabu holen

Gesund / 03.06.2016 • 08:55 Uhr
Männer gehen nicht gerne zum Arzt. Doch Potenzstörungen gehören unbedingt abgeklärt, denn es kann mehr dahinterstecken. Foto: apa
Männer gehen nicht gerne zum Arzt. Doch Potenzstörungen gehören unbedingt abgeklärt, denn es kann mehr dahinterstecken. Foto: apa

Potenzstörungen können auch erste Hinweise auf koronare Herz­erkrankungen sein.

Götzis. (VN-mm) Krankheiten, die Männer betreffen, sind vielfach immer noch Tabuthemen. Besonders ungern reden Männer über Impotenz. Was Markus Letsch aber nicht wundert. „Immerhin steht dabei die Männlichkeit auf dem Spiel“, weiß der Urologe. Dabei ist die Betroffenheit bei der erektilen Dysfunktion hoch. Den Erfahrungen von Letsch zufolge sind zwischen 40 bis 70 Prozent der Männer hin und wieder oder sogar öfter und länger mit diesem Problem konfrontiert. In Österreich wird ihre Zahl auf rund 700.000 geschätzt. Als Mitglied des Arbeitskreises für Andrologie und Organisator von Fortbildungen hat sich Markus Letsch vorgenommen, vermehrt Aufklärung in der Öffentlichkeit zu betreiben.

Vom Urologen zum Internisten

Laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt eine Störung der Potenz dann vor, wenn sie während eines Jahres über einen Zeitraum von drei Monaten andauert. „Bei jungen Männern sind auch kürzere Phasen möglich“, ergänzt Markus Letsch, der in Götzis ordiniert. Bei den meisten Betroffenen sind es organische Ursachen, die eine Potenzstörung begründen. Diese sollten unbedingt abgeklärt werden. Auch weil eine erektile Dysfunktion oft das erste Symptom eines bis dahin unbekannten Diabetes oder einer koronaren Herzerkrankung sein kann. „Die Urologen sollten ihre Patienten deshalb auch zum Internisten schicken“, merkt Markus Letsch dazu an. Schwere Unfälle, wie etwa Beckentraumen, können ebenfalls zu Potenzstörungen führen.

Ein Paarproblem

Aber: „Eine Potenzstörung ist nie nur allein das Problem des Mannes“, verdeutlicht der Urologe die Notwendigkeit, auch als Paar ganz offen darüber zu reden. Hier gelte es zuerst anzusetzen. Daneben kann mit entsprechenden Medikamenten oder in besonders schweren Fällen mit Prothesen geholfen werden. Ein wichtiges Instrument der Unterstützung ist auch die Psychotherapie. Gerade jüngere Männer würden viel Zuwendung benötigen. Markus Letsch, der unter anderem an der Universitätsklinik in Würzburg und im Landeskrankenhaus Feldkirch gearbeitet hat, bedauert, dass trotz Möglichkeiten der Hilfe viele Betroffene zu schnell aufgeben. Auch aus diesem Grund ist ihm eine breite Information ein Anliegen. Und wie er aus der Praxis weiß, sind die Patienten dankbar für alles, was sie an Wissen bekommen können.

Stichwort. Erektile Dysfunktion (ED)

Erektile Dysfunktion (ED). Als erektile Dysfunktion bezeichnet man die eingeschränkte Fähigkeit, eine für eine zufriedenstellende sexuelle Aktivität ausreichende Erektion zu erlangen bzw. zu halten. Diese Störungen können in allen Altersgruppen auftreten, also auch bei jungen Männern. Aufgrund steigender Risikofaktoren werden Probleme in Hinblick auf die Erektion mit dem Alterungsprozess aber häufiger. Grundsätzlich belasten diese Probleme den Mann in allen Altersabschnitten und führen zu einer Verschlechterung der Lebensqualität, weshalb der frühzeitige Besuch beim Urologen von großer Wichtigkeit ist. Ganz allgemein lassen sich Erektionsstörungen umso besser behandeln, je früher sie diagnostiziert und abgeklärt werden.