Hepatitis C noch immer ein Therapie-Stiefkind

Gesund / 28.07.2016 • 16:02 Uhr
Viel wurde in die Forschung für ein Hepatitis-C-Medikament investiert.  Foto: reuters
Viel wurde in die Forschung für ein Hepatitis-C-Medikament investiert.  Foto: reuters

Interessenvertretungen kritisieren eingeschränkten Zugang zu Medikamenten.

Wien. Seit 2011 erinnert der Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli alljährlich an die globale Bedrohung durch virale Hepatitiserkrankungen. Unter dem Motto „NoHep – für eine Welt ohne Hepatitis“ haben sich Europas führende Experten, Fachärzte und Interessenvertretungen wie die Hepatitis Hilfe Österreich (HHÖ) vereinigt, um Hepatitis B und C bis 2030 zu eliminieren.

Denn: „Was nur wenige wissen: Weltweit sterben weit mehr Menschen an Virushepatitis als an HIV oder Malaria“, erklärt HHÖ-Vorsitzende Angelika Widhalm. „Vor allem Hepatitis B und C, die in Österreich zigtausende Menschen betreffen, können zu Zirrhose und Leberkrebs führen.“ Und das, obwohl es etwa gegen Hepatitis B eine sehr effektive Prophylaxe gibt. „Hepatitis C ist dank neuer Medikamente nun fast immer heilbar. Das heißt man wird virusfrei, eliminiert das Virus praktisch aus dem Körper“, sagt Widhalm, die allerdings bedauert, dass diese Schutz- und Therapiemöglichkeiten nicht allen bekannt sind. „In vielen Ländern sind Impfungen, Diagnostik und Therapien aus Kostengründen zudem noch nicht oder nur eingeschränkt zugänglich“, führt Widhalm ein weiteres Problem an. Der Schlüssel zum Erfolg im Sinne von „NoHep“ liegt für sie im konzertierten Dreiergespann, bestehend aus Vorbeugung, rechtzeitiger Diagnose und Therapie.

Teure Medikamente

Während bei der Hepatitis B die Behandlungskosten von den Krankenkassen refundiert werden und der Arzt das jeweils beste Medikament für den Patienten verschreiben kann, sieht es bei der Behandlung von Hepatitis C in Österreich etwas anders aus: Denn die neuen Medikamente, die seit 2014 verfügbar sind und bis zu 98 Prozent Heilung bringen, sind nicht billig und das Budget in Österreich ist begrenzt.

Sofortige Therapie

Die HHÖ fordert seit drei Jahren, dass die Medikamentenkosten sofort vom Gesundheitssystem refundiert werden, und zwar für alle Hepatitis-C-Patienten. „Darüber hinaus fordern wir, dass der behandelnde Arzt das jeweils beste Medikament für seine Patienten verschreiben kann, unabhängig von den Kosten oder der Phase der Leberschädigung“, ergänzt HHÖ-Generalsekretär Martin Prais. „Der Patient braucht nach Diagnosestellung sofort die für ihn optimale Therapie. Seit 2014 konnten wir rund 2500 Patienten jährlich heilen. Das ist allerdings nur ein Bruchteil derjenigen, die die neuen Therapien brauchen.“ Aktuell refundiert das Gesundheitswesen die Medikamentenkosten erst bei einer bereits fortgeschrittenen Lebererkrankung aufgrund einer Hepatitis-C-Infektion. „Für die Betroffenen ist das ein untragbarer Zustand. Man wartet, bis die Patienten schwer krank sind und die Leber bereits geschädigt ist. Das ist auch aus ethischer Sicht höchst fragwürdig“, kritisiert Angelika Widhalm.

Strategieplan gefordert

Dieses Vorgehen entspreche auch nicht den Forderungen der WHO, die auf Strategiepläne zur Erreichung des NoHep-Ziels aus allen Ländern drängt. Die HHÖ appelliert an die Gesundheitspolitik, langfristig lösungsorientiert und nicht kurzfristig problemorientiert zu handeln. Nur so lassen sich diese nach dem Epidemiegesetz meldepflichtigen infektiösen Erkrankungen bis 2030 eliminieren.

Fakten zum stillen Killer

» Weltweit leidet einer von zwölf Menschen an chronischer Hepatitis B oder C. Die wenigsten wissen davon.

» Die Leber leidet stumm. Warnende Symptome bleiben oft jahrelang aus. Erhöhte Leberwerte bei Routineuntersuchungen können ein erstes Warnsignal sein, das jedoch oft ignoriert wird.

» Beide Infektionen können nach Jahren zu Zirrhose und Leberkrebs führen.

» Je früher die Infektion entdeckt wird, desto besser lässt sie sich therapieren. Die Behandlung hat in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht. Hepatitis B ist kontrollierbar, Hepatitis C heilbar.

» Jeden Tag sterben 4000 Menschen an Virushepatitis. Durch Impfung oder Behandlung könnten schon heute alle diese Menschenleben gerettet werden.