Aufbauende Hilfe nach Krebs

Bei einer Brustrekonstruktion ist die Kunst der plastischen Chirurgen gefragt.
Feldkirch Das Mammakarzinom ist nach wie vor die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. In Vorarlberg gibt es jährlich etwa 230 Neuerkrankungen. Dank Früherkennung und schonenderer Therapien sind die Überlebenschancen deutlich besser geworden. Geändert haben sich auch die medizinischen Vorgaben. Galt früher eine Amputation der betroffenen Brust als sicherste Möglichkeit, den Krebs zu beseitigen, liegt der Fokus heute auf einer brusterhaltenden Behandlung. Dennoch lässt sich die chirurgische Entfernung von Brustgewebe nicht immer verhindern. Primar Gabriel Djedovic, Leiter der Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie im Landeskrankenhaus Feldkirch, führt mit seinem Team routinemäßig solche Eingriffe durch. Am häufigsten werden dafür Silikon-Implantate verwendet, wobei den Patientinnen auch der Wiederaufbau der Brust mit Eigengewebe empfohlen wird. „Es geht immer darum, den Patientinnen alle Optionen aufzuzeigen“, betont Djedovic.
Interdisziplinäre Angelegenheit
Ein Brustwiederaufbau ist, wie inzwischen so vieles in der Medizin, eine interdisziplinäre Angelegenheit. Die Gynäkologen operieren den Tumor, die plastischen Chirurgen übernehmen mit ihnen zusammen den Wiederaufbau, nicht ohne jedoch die Behandlung entsprechend abzustimmen. Psychoonkologische Betreuung wird den Patientinnen stets angeboten. „Wir arbeiten eng mit dem Brustzentrum zusammen, von dort werden uns die Patientinnen auch zugewiesen“, erklärt Gabriel Djedovic. Steht fest, welche Art von Rekonstruktion durchgeführt wird, ist die Kunst der plastischen Chirurgen gefragt.
Silikon als Standard
Ein Brustaufbau mit Fremdgewebe, sprich Silikon, zählt häufig zum Standard. „Diese Implantate sind sehr sicher“, sagt Djedovic. Ihre Haltbarkeit liegt bei etwa zehn Jahren, dann muss häufig ein Austausch erfolgen. Für jüngere Patientinnen kann das bis zu drei oder vier Prothesenwechsel bedeuten. Dabei wird das Implantat vollständig entfernt und ein neues eingesetzt. Der relativ häufige Wechsel an sich ist laut Djedovic aber nicht das große Problem. Vielmehr kann das Implantat zu einer sogenannten Kapselfibrose führen. Dabei handelt es sich um eine Reaktion auf den Fremdkörper in der Brust. Es kann sich eine schmerzhafte Verhärtung bilden, die außerdem eine Verformung der Brust verursacht. In einem solchen Fall braucht es ebenfalls ein neues Implantat und zusätzlich muss die umgebende Kapsel so gut wie möglich entfernt werden, was häufig zu einem weiteren Ausdünnen des an und für sich schon dünnen Hautmantels und damit möglichen Durchblutungsproblemen führt.
Aufbau mit Eigengewebe
Dass der Wiederaufbau mit Prothesen trotzdem so gefragt ist, begründet der Arzt mit dem Wunsch vieler Frauen nach einem schnellen Eingriff und weil die Möglichkeit des Eigengewebsaufbaues immer noch zu wenig als weitere Option angesehen wird. Nur gut eine Stunde dauert es, bis das Silikon implantiert ist. Deutlich länger stehen die Operateure bei einem Aufbau mit Eigengewebe am OP-Tisch. Gabriel Djedovic spricht von sechs bis acht Stunden. Trotzdem wird diese Option medizinisch forciert. „Das Gewebe wächst mit, es ist viel resistenter gegen Infekte, und im Normalfall braucht es nur einen Eingriff“, erklärt der Facharzt. Das erforderliche Gewebe wird vorrangig aus dem Unterbauch entnommen. Im Bedarfsfall sind auch am Gesäß, sowie an den Innen- und Rückseiten der Oberschenkel und am Rücken Gewebeentnahmen möglich.
Da sich die neue Brust erst setzen muss, kann es zu einer Asymmetrie kommen. Für die Ärzte heißt das, die andere Brust anzugleichen, was aber auch beim Aufbau mit Silikonkissen häufig notwendig ist. Das geschieht in der Regel nach sechs Monaten. Auch bei einem brusterhaltenden Eingriff können Deformitäten auftreten. Sie werden mit Eigenfett unterspritzt und auf diese Weise „ausgebügelt“. Die Kosten für einen Brustwiederaufbau tragen die Sozialversicherungen. Das gilt ebenso für die Rekonstruktion von Brustwarzen sowie für Brustwarzentatoos. VN-MM
„Es geht in jedem Fall immer darum, den Patientinnen alle Optionen aufzuzeigen.“
