Rettung für Millionen Menschen

Ohne die Insulin-Entdeckung wäre vieles nicht möglich gewesen.
Toronto Man schätzt, dass es weltweit rund 500 Millionen Zuckerkranke gibt, von denen rund zehn Prozent Typ-1-Diabetiker mit ständigem Bedarf einer Zufuhr von Insulin sind. Etwa ein Drittel der Patienten mit nicht-insulinabhängigem Typ-2-Diabetes benötigen im Laufe ihrer chronischen Erkrankung ebenfalls Insulin. Längst ist laut Experten noch nicht sichergestellt, dass alle Diabetiker weltweit ausreichend Zugang haben. Wirklich aussagekräftige Daten gibt es dazu allerdings nicht.
An sich erfolgte die Entwicklung der Insulintherapie in den 1920er-Jahren blitzschnell. Schon am 11. Jänner 1922 verabreichten Frederick Banting (1891-1941) und Charles Best (1899-1978) in Toronto erstmals einem Menschen Insulin zur Behandlung der Zuckerkrankheit. Der erste Versuch mit einem Bauchspeicheldrüsenextrakt von Kälberföten schlug zwar noch fehl, doch mit einem verbesserten Extrakt klappte es zwölf Tage später. 1923 erhielten Frederick Banting und der Physiologieprofessor John Mcloed den Medizinnobelpreis für ihre Arbeiten. Sie teilten die Auszeichnung mit Best bzw. mit John Collip, der ebenfalls zu dem Team gehört hatte. Trotz aller Missstimmungen und Eifersüchteleien rang sich das Team zur Gründung eines Joint Venture mit dem US-Pharma-Unternehmen Eli Lilly im US-Bundesstaat Indiana durch. Schon Anfang 1923 postulierte man, „die ganze zivilisierte Welt mit Insulin zu versorgen“ zu können. In Europa stieg bald darauf der skandinavische Konzern Novo Nordisk in dieses Geschäft ein.
In den Jahrzehnten seither hat sich die „Insulin-Landschaft“ natürlich völlig verändert. Anfang der 1980er-Jahre wurde gentechnisch hergestelltes Human-Insulin zugelassen, womit man prinzipiell nicht mehr auf Rinder oder Schweine angewiesen war. Gleichzeitig erlaubte die gezielte molekulare Veränderung der Insulins eine genaue Steuerbarkeit für unterschiedliche Verwendungszwecke: extrem kurzfristig wirkende Insulin-Analoga und extrem lang wirksame Insuline. In Entwicklung ist sogar ein Insulin-Analogon, das etwa Typ-2-Diabetiker als basales Medikament nur noch einmal wöchentlich spritzen können. Die entscheidende Zulassungsstudie der Phase III (Ultralangzeit-Insulin Icodec) hat in den ersten Wochen 2021 begonnen. Über die vergangenen Jahrzehnte hinweg haben aber auch die immer besser werdenden Methoden zur Blutzuckermessung bis hin zur konstanten Bestimmung des Blutzuckers die Behandlung des Diabetes ebenso drastisch verbessert. Hinzu kommen die Insulinpumpen.