Keine Verschlechterung durch weniger Medikamente

Gesund / 06.08.2021 • 10:32 Uhr

Bern Weniger Medikamente bei älteren Patientinnen und Patienten führen nicht unbedingt dazu, dass es ihnen schlechter geht. In einer Studie mit rund 2000 Personen zeigte sich, dass fast neun von zehn mehrfach Erkrankten teils unnötige oder ungeeignete Medikamente erhalten. Viele ältere Menschen haben mehrere chronische Krankheiten, unangemessene Behandlungen können dabei zu zusätzlichen Spitaleinweisungen führen.

Ein europäisches Forschungsprojekt unter Leitung des Inselspitals und der Universität Bern konnte nachweisen, dass die Anzahl der Medikamente und die Dauer der jeweiligen medikamentösen Behandlung vermindert werden können, ohne dass sich der Gesundheitszustand der Patienten verschlechtert. Das Team nutzte eine Software, um falsche oder übermäßige Verschreibungen von Medikamenten zu ermitteln. Resultat: 86 Prozent der untersuchten Patientinnen und Patienten erhielten überflüssige und potenziell schädigende Medikamente, wie das Inselspital mitteilte.

Randomisierte Studie

In der randomisierten Studie konnte die medikamentöse Behandlung in der Interventionsgruppe bei 62 Prozent der Patienten verbessert werden. Durchschnittlich wurde ein Medikament reduziert, ohne dass sich der Gesundheitszustand verschlechterte. Weniger Spitalseinweisungen waren jedoch im Vergleich zur Kontrollgruppe nicht zu beobachten, wie die Wissenschaftler im „British Medical Journal“ berichten. Allerdings seien nicht alle Empfehlungen umgesetzt worden, so Nicolas Rodondi, Gesamtleiter der Studie. Deshalb gehen die Forschenden davon aus, dass „eine intensivere Beratung sowie eine bessere Einhaltung der Medikationsempfehlungen schlussendlich auch eine Reduktion der Spitalseinweisungen bewirken könnte.“

Personen über 70 Jahren

Die in vier europäischen Ländern durchgeführte Studie schloss Personen über 70 Jahren ein, die unter mindestens drei chronischen Erkrankungen litten und regelmäßig fünf oder mehr Medikamente einnahmen. Die Gesamtleitung hatte die Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin des Inselspitals Bern inne.