Hans Concin

Kommentar

Hans Concin

Allergien von Anfang an vorbeugen (2.Teil)

Gesund / 27.05.2022 • 09:09 Uhr

Wie können wir heute den Trend umdrehen? Können wir Heuschnupfen, allergisches Asthma, Neurodermitis, Ekzeme, andere überreaktive Hauterkrankungen und Nahrungsunverträglichkeiten bei unseren Kindern reduzieren? Die Hygienehypothese besagt, dass frühkindlicher Kontakt mit möglichst vielen Bakterien, Viren, Pilzen und Einzellern das Allergierisiko reduziert. Das ist nach wie vor gültig – aber neuere Beobachtungen und immunologische Studien weisen nach, dass die Weichen schon in der Schwangerschaft gestellt werden.

Unter anderem hat eine japanische Studie Schwangere, die häufig beruflich Desinfektionsmitteln ausgesetzt sind, untersucht. Die Wahrscheinlichkeit ein Kind mit Asthma zu bekommen war bei Verwendung von Desinfektionsmitteln um 18 bis 26 Prozent höher. Dabei wurden alle erdenklichen Einflüsse wie Allergien der Eltern, Kaiserschnitt, Stillen und neun weitere Faktoren in der statistischen Auswertung berücksichtigt. Ähnlich sind die Ergebnisse bei der Risikoerhöhung für Ekzeme. Zur Erklärung dieser Beobachtungen gibt es mehrere Hypothesen. Ein wahrscheinlicher Zusammenhang besteht in der Veränderung und Verarmung des Mikrobioms durch Desinfektion. In Coronazeiten wurde in der Werbung vermehrt die Anwendung von Desinfektionsmitteln empfohlen, die “99,9 Prozent aller Bakterien und Viren“ auf Oberflächen abtöten. Dabei sind fast alle Mikroorganismen in einem Haushalt harmlos und wichtig zur sinnvollen Beschäftigung unseres Immunsystems. Inzwischen wissen wir, dass die Infektionswahrscheinlichkeit mit SARS-CoV-2 über die Luft 1000-mal höher ist als über infizierte Oberflächen. Hände waschen bleibt dennoch sinnvoll, nicht aber eine übertrieben Hygiene mit der chemischen Keule.

Welche Rolle spielt der Klimawandel? Immer mehr schließen sich die Kreise einer „einzigen Gesundheit“ auf dieser Welt. Beispiel Heuschnupfen: Unter der Luftverschmutzung leiden auch die Pflanzen und produzieren in Folge vermehrt Pollen. Die Klimaerwärmung führt dazu, dass die Pollen schon früher und länger auftreten. Diese wiederum verbinden sich mit Luftschadstoffen und erhöhen damit ihre allergene Potenz. Auch führt die Klimaerwärmung zu Ansiedelung und Zunahme von ortsfremden Pflanzen mit hohem Allergierisiko.

Vorarlberg hat im Vergleich zu Wien um gut ein Drittel weniger Allergien und Asthma. Wir können diesen Vorteil des ländlichen Raumes in der Schwangerschaft und Frühkindheit verstärkt nutzen. Vor allem Bio-Bauernhöfe sind eine großartige Quelle eines präventiven und gesunden Mikrobioms.

Zur Reduktion von Nahrungsmittelallergien wird zusätzlich empfohlen dem voll gestillten Säugling zwischen dem 4. und 6. Monat schrittweise, zum Beispiel wöchentlich, unter genauer Beobachtung jeweils nur ein neues Lebensmittel zu geben. Man tastet sich vorsichtig vor. Diese Strategie hat zu einer deutlichen Reduktion von Nahrungsmittelallergien geführt.

„Unter der Luftverschmutzung leiden auch die Pflanzen und produzieren in Folge vermehrt Pollen.“

Hans Concin

hans.concin@vn.at

Prim. a. D. Dr. Hans Concin,

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