„Rauchen schädigt alle Gefäße“

Am 31. Mai ist Weltnichtrauchertag: Ein Großteil der Patienten in der Klinik für Gefäßchirurgie in Innsbruck raucht.
Innsbruck Sabine Wipper, Direktorin der Uniklinik für Gefäßchirurgie in Innsbruck und Michaela Kluckner, angehende Fachärztin mit dem Schwerpunkt periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK), über die Bedeutung von Prävention, die Langzeitfolgen des Rauchens, Behandlungsmöglichkeiten und den letzten Ausweg Amputation.
Mit den Gefahren des Rauchens werden häufig Lungenkrebs und COPD assoziiert. Ist den Menschen auch ausreichend bewusst, dass Rauchen die Gefäße schädigt?
Wipper Rauchen ist ein großes Thema an unserer Klinik. Von 60 bis 70 Patienten, die wir täglich ambulant behandeln, sind 40 bis 50 Raucher. Es ist ihnen durchaus bewusst, dass jede weitere Zigarette ihre Gefäße noch mehr schädigt, aber nur ein geringer Teil schafft es, das Rauchen aufzugeben. Rauchen verursacht nicht nur Krebs, sondern schädigt das ganze Gefäßsystem von Kopf bis Fuß. Die Giftstoffe von Zigaretten schädigen das Endothel, die Innenschicht der Gefäße. Das wiederum begünstigt Ablagerungen, die zu Engstellen oder Verschlüssen an den Gefäßen führen können. Eine Engstelle an der Halsschlagader kann beispielsweise Schlaganfälle auslösen. Rauchen begünstigt aber auch die Ausbildung von Erweiterungen von Gefäßen, so genannte Aneurysmata, die in Brust, Bauch und den Beckengefäßen vorkommen können.
Wie groß ist das Ausmaß der Gefäßerkrankung in der Regel, wenn Patienten erstmals bei Ihnen vorstellig werden?
Wipper Wenn die Patienten zu uns kommen, ist der Schaden schon da. Die meisten werden von ihren Hausärzten geschickt. Es geht dann darum, das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen und die bisherigen Schäden zu behandeln. Der Konsum von Zigaretten bringt Folgeschäden mit sich, die noch Jahre nach einem Rauchstopp auftreten können. Deswegen ist es ganz wichtig, jungen Menschen klarzumachen, dass sie gar nicht erst mit dem Rauchen anfangen, bzw. gleich wieder damit aufhören sollen. Aufklärung und Prävention sind sehr wichtig. Je früher jemand mit dem Rauchen begonnen hat, je mehr und je länger er geraucht hat, desto höher sind die kumulativen Schäden.
Wie wirkt sich ein Rauchstopp auf die Gefäße aus?
Kluckner Mit dem Rauchen aufzuhören ist für die Prognose jedenfalls ein Vorteil, weil dadurch das Fortschreiten der Erkrankung gebremst wird. In Kombination mit einem Gehtraining können im Bein zum Beispiel Umgehungskreisläufe ausgebildet und damit die Durchblutung verbessert werden. Durch eine operative oder interventionelle Verbesserung der Durchblutung werden die bestehenden Engstellen oder Verschlüsse behandelt. Auf die Langzeitauswirkungen des Rauchens auf die Gefäße hat das aber keinen Einfluss.
Ist denn das Raucherbein ein häufiges Thema?
Kluckner Ja, das ist ein sehr großes Thema. Die meisten Patienten werden mit der „Schaufensterkrankheit“ zu uns überwiesen. Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK) beginnt mit Krämpfen in der Wade beim Gehen, sodass man kurz stehen bleiben muss, bis die Schmerzen abklingen und das Bein wieder ausreichend durchblutet ist. Bei Fortschreiten der Erkrankung kommt es dann zu Ruheschmerzen. Die Betroffenen müssen nachts oft ein Bein aus dem Bett hängen lassen, damit sie überhaupt schlafen können. Am Ende steht das Raucherbein mit offenen Stellen aufgrund der Minderdurchblutung.
Kommt es noch häufig zu Amputationen?
Kluckner Leider zählen Amputationen zu unseren Standardoperationen. Das beginnt meistens bei der Zehe und kann bis zur Unter- oder Oberschenkelamputation gehen. Wenn keine Verbesserungsmöglichkeiten der Durchblutung mehr bestehen, bleibt als letzter Ausweg die Amputation.
