Ein Gerät mit viel ­Rettungspotenzial

Gesund / 16.06.2023 • 11:17 Uhr
Das ECMO-Kernteam, das am Landeskrankenhaus Feldkirch im Bedarfsfall stets einsatzbereit ist. vlkh
Das ECMO-Kernteam, das am Landeskrankenhaus Feldkirch im Bedarfsfall stets einsatzbereit ist. vlkh

Im LKH Feldkirch wird jetzt auch die Herzlungenmaschine als Therapieoption eingesetzt.

Feldkirch Vor rund einem Jahr hat ein Team der Abteilungen für Anästhesie und Intensivmedizin, Innere Medizin sowie Gefäßchirurgie am LKH Feldkirch damit begonnen, die „Extrakorporale Membranoxygenierung“, kurz: ECMO, erstmals in Vorarlberg auch systematisch anzuwenden: Die Therapie stellt eine vorübergehende Versorgung der Organe mit sauerstoffreichem Blut sicher. Dieses äußerst aufwendige Verfahren, bei dem eine Herzlungenmaschine als lebensrettende Therapieoption eingesetzt wird, benötigt hochspezialisiertes Fachwissen. Bei zwölf Patienten in Vorarlberg konnte die ECMO schon im ersten Jahr erfolgreich eingesetzt werden. Sechs haben sogar nur dank dieser Therapie ein schweres gesundheitliches Ereignis überlebt.

Bei Patienten mit lebensbedrohlichem akutem Herz- und/oder Lungenversagen kann nach Ausschluss von Kontraindikationen eine ECMO implantiert werden. „Dabei wird das Blut der Patienten außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert, Kohlendioxid entfernt und wieder in den Körper und den Blutkreislauf gepumpt“, erklärt Oberarzt Harald Rinösl. Der Anästhesist leitet das interdisziplinäre ärztliche und pflegerische Team am LKH Feldkirch. „Es können damit die Funktionen von Herz und Lunge teilweise oder komplett ersetzt werden“, erläutert Rinösl. Je nach Krankheitsbild ist diese Therapie über einen Zeitraum von wenigen Tagen bis zu vielen Wochen nötig, bis sich Herz bzw. Lunge erholt haben.

Sämtliche Mitarbeitenden sind entsprechend geschult. OA Harald Rinösl hat sechs Jahre am AKH Wien als Herzanästhesist gearbeitet. Sein ärztliches Team hat ebenfalls viel Erfahrung in diesem Bereich und zudem auch an herzanästhesiologischen Kliniken außerhalb Vorarlbergs gearbeitet. Auch beim Pflegeteam kann er auf Kompetenz zurückgreifen. „Um die hochspezialisierten Maschinen bedienen zu können, nehmen wir besondere Aus- und laufende Weiterbildungsmöglichkeiten in Wien und Regensburg in Anspruch“, erklären Bernhard Flatz und Marcel Walter, Stationsleiter der Intensivpflege und Mitglieder des ECMO-Teams am LKH Feldkirch.

Schon wieder im Skikurs

Die ECMO kommt bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen zum Einsatz, wenn ein komplettes Lungen- oder Herzversagen vorliegt. ECMO-Therapien im neonatologischen Bereich, also für Neugeborene, werden in Österreich ausschließlich im AKH Wien und im AKH Linz angeboten. Zu den Krankheitsbildern zählen unter anderem Lungenversagen bei Infektionen, Herzversagen nach akutem Herzinfarkt und schwerste Hypothermie, etwa nach Lawinenunfällen.

Der Bedarf scheint groß: „Gleich in der ersten Woche nach dem Start des Programms hat uns eine fünfjährige Patientin mit Kreislaufstillstand vor eine Herausforderung gestellt: Die ECMO konnte erfolgreich implantiert und die Patientin stabilisiert werden. Sie wurde an der Uniklinik Innsbruck mit einem Spezialisten aus dem AKH Wien weiterbetreut und hat sich sehr gut von ihrer Erkrankung erholt.“ Das Team hat erfahren, dass das Mädchen mittlerweile normal die Schule besucht und im Winter an einem Skikurs teilnehmen konnte. „Das hat Freude und Dankbarkeit ausgelöst“, freut sich Rinösl.

Das Einsatzspektrum der ECMO war bislang schon sehr breit. In der Hälfte der Fälle wurde die Herzlungenmaschine bei Patienten im Kreislaufstillstand angewendet. ­Andere Patienten laborierten an Herzerkrankungen, waren schwer unterkühlt oder litten an Vergiftungen. Wieder andere kämpften aus verschiedenen Gründen mit einem Lungenversagen. Da derartige Ereignisse meist nur schwer oder gar nicht vorhersehbar sind, muss das ECMO-Team rund um die Uhr abrufbar sein.

„Es können Funktionen von Herz und Lunge teilweise oder komplett ersetzt werden.“

Ein Gerät mit viel ­Rettungspotenzial