“Das ist eine Dosis, die ist Wahnsinn”: besorgniserregende Entwicklung bei Jugendlichen

Eva Gasser von “taktisch klug” berichtet von Beobachtungen in ihrer Arbeit.
Darum geht’s:
- Die Verbreitung von Drogen ist in Vorarlberg ein Thema.
- Jugendliche konsumieren vermehrt Nikotinbeutel (Snus) mit hohem Nikotingehalt.
- Das Projekt “taktisch klug” bietet Beratung und Drug-Checking an, um Schäden zu minimieren.
Bregenz Drogen sind in Vorarlberg ein Thema. “Dafür, dass viele Substanzen nicht legal sind, ist schon sehr viel im Umlauf”, sagt Eva Gasser. Sie leitet das Projekt “taktisch klug” des “koje” und ist durch Workshops, Eventbegleitung und Drug-Checking nah an den Konsumierenden. Bedenklich ist für sie die Entwicklung nach der Coronapandemie: “Dass viele sehr junge Menschen schon rauchen und Snus nehmen, bei dem die Langzeitfolgen noch nicht bekannt sind.” Sorgen bereite ihr zudem, dass Dokus zeigen, wie Zehnjährige über TikTok Substanzen bestellen können.
Eine Entwicklung, die ihrer Ansicht nach durch die Folgen der sozialen Distanzierung während der Pandemie gefördert wurde. Gasser berichtet von Jugendlichen, die den Druck nicht mehr ausgehalten und sich daher am Medizinschrank der Großeltern bedient haben. Durch legale Substanzen wie Alkohol und Nikotinbeutel, die seit Jahrzehnten in Skandinavien populär sind, Nikotin enthalten und unter die Lippe geschoben werden, setzt sich das nun fort.
Mehr Nikotin als Zigaretten
Problem an den sogenannten Pouches: “Du siehst keinen Rauch, es stinkt nicht, aber es ist einfach auch sehr gefährlich”, erklärt die Bereichsleiterin. Ein Nikotin-Pouch habe sieben Mal mehr Nikotin als eine Zigarette. “Und ich weiß von den Workshops in der offenen Jugendarbeit, dass manche teilweise fünf Pouches im Mund haben. Das ist eine Dosis, die ist Wahnsinn.”

Dass Jugendliche durchs Rauchen dann zum Ecstasy kommen, hält Gasser allerdings für ein Ammenmärchen. Das sei auch nirgends wissenschaftlich belegt. Wichtiger ist ihrer Meinung nach, in welchem Umfeld Jugendliche aufwachsen. Wie der Umgang mit den Eltern und vor allem im Freundeskreis ist.
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Die Konsummotive seien ebenso unterschiedlich wie die Substanzen. Daher bietet “taktisch klug” ein breites Beratungsangebot, um möglichst viele Menschen zu erreichen. “Wir sind mit Workshops in den Jugendhäusern, wir sind auf Events und Partys”, berichtet die Leiterin. Während der Pandemie war das Team mit dem Lastenrad viel an der Bregenzer Pipeline unterwegs. Zudem gibt es seit gut zwei Monaten das Drug-Checking als weiteres Angebot, um Schäden zu minimieren.
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Der Vorwurf, dadurch werde die Sucht nur gefördert, stört Gasser. Immerhin würden die Konsumierenden die Drogen sonst auch nehmen, nur ohne die Info, welche Stoffe genau drin sind. “Durch diese Information wird der Konsum eher verringert”, ist sie überzeugt. “Logischerweise, denn auch Süchtige und Freizeitkonsumierende sind lernfähig.”
Legalisierung von Cannabis
Gasser sieht daher auch Vorteile in der Legalisierung von Cannabis. “Das synthetische Cannabis, das auch Menschen tötet, fällt ziemlich sicher genauso wie der Schwarzmarkt weg.” Andere Länder zeigen, dass es Sinn ergeben könne. “Bei allen Substanzen aber auf keinen Fall”, schränkt Gasser ein.

“Die schlimmste legale Droge ist meines Erachtens Alkohol”, sagt sie. Es gebe extrem viele Alkoholiker:innen, bei denen man einfach nicht mehr darauf schaue, weil es eh legal sei. “Und das finde ich schlecht.” Da finde sie es schon besser, man reglementiere die Sache und mache sie in der Gesellschaft zum Thema.
“Wenn wir uns um die kümmern, können sie dieses Jugendalter gut überstehen und ohne Sucht da herauskommen. Aber wegzuschauen und zu sagen, das gibt es nicht, ist ein totaler Blödsinn.”
Eva Gasser
Neun von zehn Jugendlichen, die im Party-Kontext konsumieren, werden laut Gasser nicht süchtig. “Wenn wir uns um die kümmern, können sie dieses Jugendalter gut überstehen und ohne Sucht da herauskommen. Aber wegzuschauen und zu sagen, das gibt es nicht, ist ein totaler Blödsinn. Da wird die Sache immer nur noch schlimmer und nicht besser.”