Dornbirner Türke soll per Telefonbetrug Millionen von Seniorinnen erbeutet haben

Am Telefon geben sie sich als Polizeibeamte aus, die auf Wertgegenstände aufpassen wollen. Der Schaden geht in die Millionen, der vermutete Anführer: Ein in Dornbirn geborener Türke.
Dornbirn, Istanbul, Wien Heute lebt der in Dornbirn geborene türkische Staatsbürger in der Türkei. Sein Geld macht er aber in Österreich, ist die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) überzeugt: Sein Callcenter in der Türkei ruft in Österreich an und erschwindelt so Millionen. Der Akt der WKStA weiß von 410 gesicherten Opfern und einem Schaden von 19 Millionen Euro. Die Dunkelziffer dürfte eher bei 50 Millionen Euro liegen.
Vor allem ältere Frauen gefährdet
Von der Türkei aus wurden gezielt Frauen angerufen, deren Namen auf einen älteren Jahrgang hindeuten und die in den etwas besseren Wohngegenden leben. Am Telefon wurde eine österreichische Nummer vorgespielt, die Anrufer gaben sich als Polizisten oder Staatsanwälte aus, die vor drohenden Einbrechern warnten und anboten, Wertgegenstände zur Aufbewahrung entgegenzunehmen. “Die Staatsanwaltschaft und Polizei rufen nie an, um Geld oder Wertgegenstände zu verlangen”, warnt WKStA-Sprecher Martin Ortner eindringlich.
Die Staatsanwaltschaft und Polizei rufen Sie nie an, um Geld oder Wertgegenstände oder Auskünfte darüber zu verlangen.
Martin Ortner, WKStA
40 verurteilte Mittäter
Der Standard zeichnet ein schockierendes Bild vom Arbeitsalltag des Betrügerrings, der sich rund um den Dornbirner Türken mit Spitznamen “Euro-Mehmet” gebildet haben soll: Dieser habe laut festgenommenen und geständigen Mittätern regelmäßig Einblick in Ermittlungsakten, schmiere in der Türkei Ermittler und Justiz. Das Geld fließt über Zwischenhändler und Kuriere in die Türkei.
Halawa ist die Bezeichnung für ein bis heute im arabischen Raum übliches Geldtransaktionssystem: Vertrauenswürdige Personen nehmen Geld entgegen und veranlassen anderenorts die entsprechende Auszahlung. Ähnliche Systeme waren auch im christlichen Raum bis in die frühe Neuzeit bekannt, werden aber im arabisch-türkischen Kulturkreis bis heute genutzt und dienen auch als Schattenbanken zur Finanzierung von Verbrechen und zur Geldwäsche.
Der Druck auf die Handlanger in Österreich ist derweil groß, die WKStA geht von rund 100 Tätern aus: “40 davon konnten in Österreich schon rechtskräftig verurteilt werden”, verweist er auf die Erfolge der Polizeiarbeit, die anhaltende Telefonüberwachung und laufende Festnahmen. “Wir halten in Österreich dagegen, so stark wir können.”
Staatsbürgerschaft schützte bislang Kopf der Bande
Doch der vermutete Kopf der Aktion ist in der Türkei und türkischer Staatsbürger – und damit außerhalb der Reichweite der österreichischen Justiz. Hier könne man der Türkei keinen Vorwurf machen, auch Österreich liefert seine Staatsbürger nicht der Justiz anderer Staaten aus. Doch aus Ermittlerkreisen lässt man durchblicken, dass man hier mehr Kooperation aus der Türkei erwarten würde. Entsprechend plausibel stuft man die Korruptionsvorwürfe gegen Teile des dortigen Ermittlungsapparates ein.
Dennoch muss sich der gebürtige Dornbirner derzeit vor einem türkischen Gericht in Istanbul verantworten. Vorgeworfen werden ihm Telefonbetrugstaten aus den Jahren 2021 und 2022. Der Strafrahmen wäre hoch: Pro Tat drohen ihm in der Türkei drei Jahre Haft, 119 Taten stehen zur Verhandlung – also bis zu 357 Jahre Haft. Das Callcenter ist derweil weiterhin aktiv.
Tipps bei Betrügern am Telefon
- Niemals Informationen über Wertgegenstände, vorhandenes Bargeld oder Bankguthaben bekannt geben. Die Polizei, Gerichte oder seriöse Unternehmen holen derartige Informationen nie telefonisch ein.
- Häufige Maschen der Betrüger: Es sind Einbrüche in der Gegend geplant, die Polizei verwahrt daher Wertgegenstände um diese vor Einbrechern zu schützen. Oder Verwandte waren an einem Unfall beteiligt, es muss nun Kaution geleistet werden.
- Dubiose Anrufe sofort beenden bzw. konkret nach dem Namen des/der Beamten/in und der Dienststelle fragen. Im Idealfall dann auflegen, selbst nach der Durchwahl der Dienststelle suchen, anrufen und die entsprechende Person verlangen.
- Die angeblich vom Unfall betroffenen Angehörigen anrufen, um nachzufragen, ob der geschilderte Sachverhalt stimmt.
- Verwandte und Bekannte über diese Betrugsmasche informieren.
- Die örtlich zuständige Polizeiinspektion informieren.