Sind Kühlmittel in Zukunft überflüssig?

FORSCHUNG Der sogenannte barokalorische Effekt könnte das Kühlen von Autoinnenräumen, Lebensmitteln und elektronischen Geräten revolutionieren, zumindest wenn es nach Forschern um Tong Peng von den Hefei Institutes of Physical Science geht. Umweltschädliche Kühlmittel würden damit überflüssig, der Energiebedarf deutlich reduziert, ebenso die Größe der Kühlsysteme. Die neue Kühltechnik kann, einmal zur Serienreife entwickelt, die Umwelt nennenswert entlasten, denn Kühlschränke und Klimaanlagen benötigen heute ein gutes Viertel der globalen Stromproduktion.
Beim barokalorischen Effekt wird ein amorpher, also nicht kristallin angeordneter Kunststoff, unter Druck gesetzt. Dabei erwärmt sich das Material und wird kristallin. Wird diese Wärme abgeführt und der Druck ausgesetzt, nimmt der Kunststoff seine amorphe Form wieder an. Gleichzeitig kühlt er um 50 Grad Celsius ab. Das lässt sich nutzen, um etwa einen Mikroprozessor vor Überhitzung zu schützen. Physikalisch beruht diese große Kühlwirkung auf der variablen Entropie des Materials, einem Maß für die innere Unordnung. Je höher die Entropie, desto geringer ist die Ordnung.
Süßlich riechender Alkohol
Anfangs haben die Forscher in China, Japan und den USA mit dem vollsynthetischen organischen Material Neopentylglycol experimentiert, einem süßlich riechenden Alkohol, der aus Kohlenstoff-, Sauerstoff- und Wasserstoffatomen aufgebaut ist. Jetzt hat Tongs Team entdeckt, dass n-Alkane weitaus besser geeignet sind. Das sind gesättigte acyclische Kohlenwasserstoffe. Ihre Vertreter bestehen nur aus den beiden Elementen Kohlenstoff und Wasserstoff. Das Wechselspiel zwischen Druck/Erwärmung und Entlastung/Abkühlung ist bei diesem Material genau so effektiv wie bei Kühlaggregaten, die mit Freon betrieben werden. Darunter versteht man eine Gruppe von Kältemitteln, wie sie heute in großem Umfang eingesetzt werden. Bisher eingesetzte barokalorische Werkstoffe kommen nur auf ein Drittel dieser Effektivität.