35 Jahre Wildbäche und Lawinen gezähmt

HE_Brege / 27.10.2021 • 13:13 Uhr
Am Egger Schmittenbach war Anrainer Bertram Mayer lange skeptisch, „bis mich ein Hochwasser von der Sinnhaftigkeit der Verbauung überzeugt hat.
Am Egger Schmittenbach war Anrainer Bertram Mayer lange skeptisch, „bis mich ein Hochwasser von der Sinnhaftigkeit der Verbauung überzeugt hat.

Jung-Pensionist Gerhard Prenner schildert wichtige Baumaßnahmen im Bregenzerwald.

Bregenz Gerade im Licht der verheerenden Hochwasserkatastrophen in Deutschland oder Salzburg sei es ein schönes Gefühl, wenn man durch seine jahrzehntelange Arbeit vielen Menschen Schutz vor Naturgewalten schaffen konnte, betont Hofrat Dipl.-Ing. Gerhard Prenner auf der Fahrt in den hinteren Bregenzerwald. Dort lässt er im Gespräch mit der VN-Heimat anhand ausgesuchter Beispiele seine über 35-jährige Tätigkeit im Dienste der Wildbach- und Lawinenverbauung Revue passieren.

Einmal selbst im Rampenlicht

Es war dreieinhalb Jahrzehnte nicht seine Art, „sich in den Vordergrund zu drängen“, vielmehr setzte er auf Teamarbeit – und für das gute Betriebsklima in der Gebietsbauleitung organisierte er sogar Team-Building-Seminare. Diesmal hatte er jedoch allen Grund, im Mittelpunkt zu stehen: der 63-jährige gebürtige Steirer trat seinen verdienten Ruhestand an – „und da möchte ich mich natürlich gebührend verabschieden – von allen, die mich in meinem Berufsleben begleitet haben“, betont der Jung-Pensionist. Die Feier beim Land fand bereits statt, das Abschiedsfest mit seinen Mitarbeitern steigt demnächst – und dazwischen galt sein Dank der VN-Heimat für die mediale Begleitung bei vielen Projekten.

Anfangs war es ein Schock

Gerhard Prenner wuchs in Mönichkirchen/Niederösterreich auf und besuchte die HTL in Wien, wo er nach der Matura (1977) an der Uni für Bodenkultur studierte. Nach dem Studienabschluss bewarb er sich um eine Stelle bei der Wildbach- und Lawinenverbauung – und das Vorstellungsgespräch im Ministerium war schnell positiv erledigt – mit einer guten und einer schlechten Nachricht. Die gute: „Arbeit haben wir genug“, eröffnete ihm der Personalchef und fügte wie beiläufig die schlechte hinzu: „ . . . halt in Vorarlberg.“ Im ersten Moment, so erinnert er sich, „war es schon ein Schock, aber mir wurde gesagt, dass dies eine übliche Praxis sei und Berufseinsteiger erst mal für zwei Jahre in einem anderen Bundesland tätig sein sollen.“ Also machte er sich westwärts auf den Weg – mit der positiven Einstellung, dass die zwei Jahre ja schnell vorbeigehen, meldete er sich am 30. Mai 1986 zum Dienstantritt als Vertragsbediensteter.

Gekommen, um zu bleiben

Es kam freilich ganz anders, denn seine „neue Heimat auf Zeit“ hat er auf Anhieb schätzen gelernt. „Hier der See – gleich daneben die Berge – das hat mich begeistert und schnell war eine Rückkehr kein Thema mehr.“ Zumal es nicht nur beruflich, sondern auch privat erfreulich lief: 1989 legte er die Staatsprüfung für den höheren Forstdienst ab, ein Jahr später wurde er in ein öffentlich rechtliches Dienstverhältnis übernommen. Im gleichen Jahr hat er geheiratet und damit war eine Rückkehr endgültig vom Tisch. 1992 wurde er stellvertretender Gebietsbauleiter und 2004 übernahm der gleichzeitig zum Hofrat Ernannte die Gebietsbauleitung. 2009 wurde Prenner mit dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.

Arbeit geht nie aus

Wofür diese Ehrung verliehen wurde, zeigte eine Exkursion zu einigen seiner Projekte eindrucksvoll auf. „Allein in meinem Bereich werden jährlich rund zehn Millionen Euro in den Schutz vor Lawinen und Wildbächen investiert und die Arbeit geht nie aus, denn abgeschlossene Projekte müssen weiter betreut, instandgehalten und stetig verbessert werden, weil sich die Rahmenbedingungen ändern.“ Am Bizauer Bach erklärt er, weshalb die Arbeit nie ausgeht: „Hier wurde vor über 125 Jahren mit der Verbauung gestartet, jetzt stehen u. a. veraltete Geschiebestausperren zur Erneuerung an.

Bizauer Bach

Beim Bizauer Bach hat er 1986 sein erstes Projekt geplant: Der Innere Sifratshüttengraben, ein Seitenbach zwischen Bizau und Schönenbach, wurde mit Steinkästen gesichert. Stolz zeigt er, dass die Verbauung bis heute gehalten hat. Das Bachbett ist zwar total verwachsen, die Steinkästen aber in Topzustand. „Aber ewig halten diese Bauwerke natürlich nicht, irgendwann müssen sie erneuert werden.“ Nachhaltig ist auch die Strategie beim Schutz gegen Lawinen ausgelegt. Hier wird danach getrachtet, „dass technische Verbauungen so lange halten, bis sich in deren Schutz ein stabiler Schutzwald entwickelt hat“, erläutert Prenner anhand eines besonders gut gelungenen Projekts in Schröcken.

Gefordert ist die Wildbach- und Lawinenverbauung auch, wenn neue Bauvorhaben wie Gebäude, Verkehrswege, Liftanlagen, Skipisten usw. geschützt werden müssen. Der im Bau befindliche Kindergarten in Egg ist dafür ein Beispiel: ohne Verbauungsmaßnahmen am Schmittenbach wäre der Bau nicht genehmigungsfähig gewesen, meint Gerhard Prenner zu seinem letzten Projekt, das jetzt unter seinem Nachfolger fertiggestellt wird. STP

Am Egger Schmittenbach war Anrainer Bertram Mayer lange skeptisch, „bis mich ein Hochwasser von der Sinnhaftigkeit der Verbauung überzeugt hat.
Am Egger Schmittenbach war Anrainer Bertram Mayer lange skeptisch, „bis mich ein Hochwasser von der Sinnhaftigkeit der Verbauung überzeugt hat.
Schutz gegen Lawinen an der Höferspitze. stp/3
Schutz gegen Lawinen an der Höferspitze. stp/3