Wal hat die Spielregeln für Flugboote geändert

100 Jahre nach Erstflug Ausstellung „Game-Changer“ eröffnet.
Friedrichshafen Pflichttermin für Freunde der Luftfahrt und des Pioniers Claude Dornier: Rund 400 Festgäste waren zur feierlichen Eröffnung der Sonderausstellung „Game Changer“ gekommen. Schon seit Jahresbeginn steht das Museum in Friedrichshafen ganz im Zeichen des „Wal-Jahrs“, die jetzt eröffnete Sonderausstellung ist Abschluss dieser Aktivitäten und soll in den kommenden Monaten die Besucher mit der Bedeutung des legendären Flugbootes vertraut machen. Museumsdirektor Hans-Peter Rien und Kuratorin Bettina Pönisch wählten dafür eine besondere Form der Präsentation, Besucher sollen dabei spielerisch Zugang zum Wal finden.
Wal machte Dornier
Mit dem Wal gelang dem genialen Luftfahrtpionier Claude Dornier der Durchbruch – nicht von ungefähr hat er in einem Rückblick auf sein Lebenswerk 1960 eine unmissverständliche Feststellung getroffen: „Der Wal hat Dornier gemacht.“ Gemeint war damit die Tatsache, dass dieses Flugboot, das mit einer revolutionierenden neuen Technologie zum Game-Changer – einem Fluggerät, das die Spielregeln veränderte – das Ansehen Dorniers als einer der einflussreichsten Luftfahrtpioniere begründet hat.
Start in eine neue Ära
Was war das Neue, außergewöhnliche dieser Maschine, die u. a. in der Erforschung der Arktis eine wesentliche Rolle spielte? Mit dem Wal gelang Claude Dornier ein Meilenstein der Luftfahrttechnik. Er hatte das bisher Unmögliche geschafft – er konstruierte in Friedrichshafen ein für die Luftfahrt zukunftsweisendes Ganzmetallflugzeug und verzichtete auf die zu dieser Zeit noch im Flugzeugbau üblichen Materialien wie Holz, Stahlrohre und Stoff, wie M. Michiel van der Mey, Autor und Betreiber des „Dornier Wal Documentation Center“ in seinem Vortrag darlegte. Der Wal, so van der Mey, der das Flugboot auch in einem Sachbuch ausführlich aufgearbeitet hat, lieferte Rekorde am laufenden Band. Schon mit der Stückzahl: Insgesamt wurden 362 Maschinen, zum Teil in Lizenz in Russland, Spanien und sogar in Japan gebaut. Eine enorme Zahl für die damalige Zeit. Eine Stückzahl, die von keinem anderen Flugboot auch nur annähernd erreicht wurde.
Weltweite Begeisterung
Die Zuverlässigkeit, Robustheit und Langlebigkeit der Wale befähigten Wolfgang von Gronau, Roald Amundsen und zahlreiche weitere Pioniere der Luftfahrt zu neuen Rekorden und oft lebensgefährlichen Abenteuern. So gelangte das Flugboot in die Arktis, Antarktis, überquerte den Nord- und Südatlantik und die Tropen.
Käufer aus der ganzen Welt schätzten die Zuverlässigkeit sowie die Hochseetauglichkeit des Wals.
Für weltweite Begeisterung sorgte 1932 der Weltflug des Luftfahrtpioniers Wolfgang von Gronau mit seiner Crew im Grönland-Wal D-2053. Es war der erste Weltflug mit einem Flugboot überhaupt. Bereits 1930 startete Gronau mit einer alten Dornier Wal D-1422 zu seinem ersten Transatlantikflug in Ost-West-Richtung. Es gelang ihm zusammen mit seiner Besatzung, den nördlichen Luftweg über den Atlantik auf der Route Sylt-Island-Grönland-Labrador-New York (4670 Meilen) in „nur“ 47 Flugstunden zu bewältigen. Weiteren Ruhm erlangte Gronau, als er im Juli 1932 mit dem zweimotorigen Wasserflugzeug Dornier-Wal mit dem Kennzeichen D-2053 von der damaligen Verkehrsfliegerschule in List auf Sylt zu einer Weltumrundung aufbrach, die ihn nach über 44.000 km im November 1932 wieder nach List zurückführte.
Pioniergeist am Bodensee
Die Feierstunde zur Eröffnung der Sonderausstellung war aber nicht nur eine nostalgische Rückschau auf die Pionierleistungen in der Vergangenheit, es gab auch Gespräche über eine Vernetzung der Zeugen dieses Pioniergeistes. Ziel dieses Projekts ist es, so Hohentwiel-Retter Reinhard Kloser, das einzigartige Potenzial der Region (Dornier Museum, Zeppelin Museum, die Nostalgieschiffe Hohentwiel, Oesterreich, Fähre Konstanz, der 1999 in Dienst gestellte Nachbau einer Lädine usw.) zu bündeln und zu präsentieren. Kloser: „Gedacht ist an regelmäßige monatliche Gespräche, bei denen Möglichkeiten gemeinsamer Auftritte geplant werden.“ stp
