Opa landete mit dem US-Bomber in Höchst

Im Juni 1944 kam es zu einer dramatischen Notlandung in Höchst. 18 Angehörige des Co-Piloten aus Utah sind nun auf Großvaters Spuren.
HÖCHST Im Rheindelta suchten Angehörige der Familie Carlton aus Utah/USA Spuren ihres Vaters und Großvaters, Leo Carlton. Dieser saß am 9. Juni 1944 als Co-Pilot im B-24 Bomber “Cherry II”, der bei der Flughalle im Rinnsal notlanden musste. Nun besuchten Kinder, Enkel und Urenkel die Stationen des im Jahr 1998 verstorbenen Mannes und wurden in Höchst herzlich empfangen.

Die freiwillige Truppe, die sich in Höchst um Kulturgüter und historische Rückblicke bemüht, hat sich natürlich auch mit der Notlandung des über 20 Tonnen schweren Bombers der US Airforce im Juni 1944 im Rinnsal zwischen Höchst und Gaißau befasst. Der durch Fliegerabwehr und deutsche Jagdflugzeuge schwer beschädigte Bomber grub sich bei der Landung tief in den Riedboden ein. Die Besatzung hatte offenbar angenommen, bereits in der neutralen Schweiz zu sein.

Kontakt über Facebook
Eric Jäger, der als Gruppenmitglied mit amerikanischen Wurzeln allerhand Informationen zusammengetragen hatte und vor einigen Jahren eine Filmdokumentation gestaltet hatte, trug bei seinen Recherchen im Internet auf eine Facebook-Seite zur Bombereinheit, die damals von Süditalien aus Luftangriffe gegen Nazideutschland flog. So kam der Kontakt zur Familie Carlton in Utah zustande. Etliche Nachkommen des Co-Piloten planten eine Europareise, die 2020 wegen Corona verschoben werden musste.

Augenzeugen von 1944
Eric Jäger und das Team der Kulturgütersammlung hatten den Besuch gründlich vorbereitet. Vor allem luden sie mit Elmar Brunner, Rudolf Wörz, Helmut Brunner sowie weiteren Senioren Augenzeugen von damals ein. Die Schulbuben bzw. Jugendlichen, alle um die 92 bis 95 Jahre alt, erinnerten sich noch sehr gut an ihre Erlebnisse und plauderten mit den interessierten Verwandten des Co-Piloten, unterstützt durch Dolmetscher wie Wismar Schneider, Gert Rusch oder Eric Jäger.

Die Wehrmachtssoldaten, so berichteten sie, nahmen es mit der Bewachung des US-Bombers nicht so genau, besonders wenn sich Damenbesuch einfand. Treibstoff, Munition der Bord-MGs vom Kaliber 12,7 mm und was sonst nicht festgeschraubt war, verschwanden auf diese Weise.

Die Gäste aus Utah wurden von Bürgermeister Stefan Übelhör willkommen geheißen, im Gegensatz zum Juni 1944. Damals wurden in Höchst wütend Fäuste geschüttelt und Eltern, die ihre Söhne im Krieg verloren hatten, zeigten wenig Mitgefühl. Einige Frauen spuckten sogar auf die zehn Soldaten. Die Kriegsgefangenen wurden in Höchst verhört und tags darauf in bayerische Lager gebracht. Alle überlebten das Kriegsende und wurden 1945 von den Truppen des US-Generals Patton befreit.

Für die Familie Carlton gab es neben dem freundlichen Empfang auch Ausflüge nach Walzenhausen, um von dort aus die damalige Landungsstelle zu überblicken. Auch die Flughalle im Rinnsal war einen Besuch wert, ebenso wie das Festungsmuseum Heldsberg in St. Margrethen. Die Carltons hatten Präsente mitgebracht und erhielten ebenfalls Erinnerungsstücke aus Höchst. AJK