Ein Diebstahl, der verbindet: Der Bratenklau von Röns

Heimat / 08.02.2024 • 17:05 Uhr
Ein Diebstahl, der verbindet: Der Bratenklau von Röns

Beim Bratenklau herrscht Ausnahmezustand. Der Brauch, bei dem die Einwohner gegeneinander antreten, um den Braten zu verteidigen, bringt Dorfbewohner zusammen.

in Zusammenarbeit mit Leon Linher

Röns In der flächenmäßig kleinsten Vorarlberger Gemeinde, Röns, erweckt am „schmutziga Donnstig“ eine außergewöhnliche Tradition zum Leben: der Bratenklau. An diesem Tag, der im kleinen Bergdorf als inoffizieller Staatsfeiertag gilt, schließen alle Firmen ihre Türen, um den Einwohnern die Teilnahme an diesem kuriosen Brauch zu ermöglichen. Selbst die Mitarbeiter der Keckeis Tischlerei werden an dem Tag von ihrem Chef Wolfgang Keckeis freigestellt, um das Fest in vollen Zügen feiern zu können.

Manuel Barwart hüpft fleißig aus dem "Fluchtauto", um die Braten aus den Häusern zu stehlen. <span class="copyright">VN/Hartmann, Linher</span>
Manuel Barwart hüpft fleißig aus dem "Fluchtauto", um die Braten aus den Häusern zu stehlen. VN/Hartmann, Linher

Angeführt von den örtlichen Bratenstehlern, Manuel Barwart und Dominik Fresser, ziehen die Narren durch das Dorf, um aus 45 der insgesamt 120 Haushalte den begehrten Braten zu entwenden. Mit knapp 400 Einwohnern ist Röns nicht nur flächenmäßig die kleinste Gemeinde in Vorarlberg, sondern beherbergt auch den kleinsten Umzug im Land. Der gestohlene Braten wird am Abend bei einem gemeinsamen Bratenschmaus im Schulsaal verspeist, ein Akt, der den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft stärken soll.

Ein Braten wurde sogar im Stile eines Dönerspießes serviert.
Ein Braten wurde sogar im Stile eines Dönerspießes serviert.

Mathias Muther, Pressesprecher des Bratenstehlens in Röns, erzählt mit einem Augenzwinkern: “Man kommt dann auch in Häuser, in denen wir sonst das ganze Jahr nicht zu Gast sind. Das Bratenklauen gehört bei uns zur Tradition. Wir lassen dann auch immer wieder die alten Geschichten, wie es früher so war, hochleben.”

Auch Pressesprecher Mathias Muther war so großzügig, einen eigene Braten mitzuliefern.
Auch Pressesprecher Mathias Muther war so großzügig, einen eigene Braten mitzuliefern.

Die Bewohner haben im Laufe der Jahre kreative Methoden entwickelt, um ihre Braten zu verteidigen: Vom Entfernen der Verankerung und Anketten der Herde bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen, bei denen Hausfrauen die Diebe zu Boden werfen und festhalten – die Dorfbewohner zeigen vollen Einsatz, um ihren Gaumenschmaus zu verteidigen und es den Stehlern nicht allzu einfach zu machen.

Mama Mona und ihr Sohn Louis freuen sich schon auf den Bratenschmaus am Abend.
Mama Mona und ihr Sohn Louis freuen sich schon auf den Bratenschmaus am Abend.

Die Tradition des Bratenstehlens wird in Röns seit über 50 Jahren gepflegt. Die Veranstaltung wird von den Rönser Faschingsnarren, einer Gruppe von etwa 30 Mitgliedern, organisiert und findet mit Unterstützung der Feuerwehr sowie der Funkenzunft statt.

Louis, Sandra, Mona, Melanie, Laura und "Gäbi" hatten bereits am Vormittag eine riesen "Gaudi".
Louis, Sandra, Mona, Melanie, Laura und "Gäbi" hatten bereits am Vormittag eine riesen "Gaudi".

Mit einem eigens umgebauten Faschingswagen, der mit über 40 Musikboxen und sogar einer eigenen Toilette komplettiert wird, ziehen die Faschingsnarren durch das Dorf. Der Wagen, dessen Umbau einen Sommer lang dauerte und Materialkosten von rund 20.000 Euro verschlang, wird nach einer Rundfahrt durch das Dorf vor der Kirche abgestellt, bevor er am Nachmittag im Zentrum des Geschehens steht. Sogar die “Moaniger Waldhexa” reisen extra für den kleinsten Umzug im Lande in das Bergdorf.

Nach einer Rundfahrt durch das Dorf wird der Faschingswagen bei der Kirche abgestellt ....
Nach einer Rundfahrt durch das Dorf wird der Faschingswagen bei der Kirche abgestellt ....
... und wartet dort bis 15 Uhr auf seinen großen Auftritt.
... und wartet dort bis 15 Uhr auf seinen großen Auftritt.

“Der Bratenklau ist mehr für uns als nur ein Faschingsbrauch. Es ist eine Demonstration des Gemeinschaftsgefühls und der Lebensfreude”, betont der Pressesprecher. Ein Diebstahl, der verbinden soll, ein Fest, das erinnern soll.

Bei den Rönser Faschingsnarren dürfen auch die Kleinsten schon am Wagen mitfahren.
Bei den Rönser Faschingsnarren dürfen auch die Kleinsten schon am Wagen mitfahren.
Auch die Ramschwager Burgnarren aus Nenzing waren in Röns mit dabei.
Auch die Ramschwager Burgnarren aus Nenzing waren in Röns mit dabei.
Spezielle Infusionen gab es auch zu Verkosten.
Spezielle Infusionen gab es auch zu Verkosten.
Die "Dorflegenden Ludesch" ließen sich den Umzug nicht entgehen.
Die "Dorflegenden Ludesch" ließen sich den Umzug nicht entgehen.
Für die Waldhexen Gisingen sei der Umzug in Röns "der Beste im ganzen Land".
Für die Waldhexen Gisingen sei der Umzug in Röns "der Beste im ganzen Land".
Das Prinzenpaar aus Altenstadt war natürlich auch mit von der Partie.
Das Prinzenpaar aus Altenstadt war natürlich auch mit von der Partie.
Familie Shrek aus Röns freute sich schon auf den Bratenschmaus im Schulhaus.
Familie Shrek aus Röns freute sich schon auf den Bratenschmaus im Schulhaus.
Rafael(a) Bolter steht das Grinsen offensichlich ins Gesicht geschrieben.
Rafael(a) Bolter steht das Grinsen offensichlich ins Gesicht geschrieben.
Am Platz vor dem Schulhaus in Röns ging nach dem Umzug die Post ab.
Am Platz vor dem Schulhaus in Röns ging nach dem Umzug die Post ab.
Gaumenschmaus der Extraklasse: 45 Haushalte wurden ihres Mittagessens "beraubt".
Gaumenschmaus der Extraklasse: 45 Haushalte wurden ihres Mittagessens "beraubt".
Auch dieser Clown freute sich bereits auf den Leckerbissen.
Auch dieser Clown freute sich bereits auf den Leckerbissen.