Als Warth das Mekka des Skisports war

Heimat / 20.02.2024 • 12:00 Uhr
Das Siegerbild mit Ingrid Gfölner, Wiltrud Drexel und Annemarie Moser. <span class="copyright">STP/3</span>
Das Siegerbild mit Ingrid Gfölner, Wiltrud Drexel und Annemarie Moser. STP/3

Vor einem halben Jahrhundert wurden die alpinen ÖSV-Meisterschaften im Bregenzerwald zur Bühne einer spektakulären WM-Revanche.

Warth, Schröcken In den Vorarlberger Chroniken des Skirennsports gibt es eine Fülle von Highlights – ein herausragender Meilenstein wurde vor exakt 50 Jahren im Bregenzerwald gesetzt. Es war, als die alpinen ÖSV-Meisterschaften vom 18. bis 24. Februar zur großen Revanche für die wenige Tage zuvor in St. Moritz ausgetragene WM wurden – mit der Abfahrt in Warth als spektakulärem Höhepunkt, zu der 15.000 Zuschauer kamen.

Mehr als 15.000 Zuschauer beim Rennen – Tausende davon blieben bis zur Siegerehrung auf dem Dorfplatz und machten dann die Nacht zum (Feier-)Tag.
Mehr als 15.000 Zuschauer beim Rennen – Tausende davon blieben bis zur Siegerehrung auf dem Dorfplatz und machten dann die Nacht zum (Feier-)Tag.

Ein Duell der Giganten

Die Wettkämpfe im Bregenzerwald waren vor allem eine Revanche im Duell Österreich gegen Frankreich. Läuferinnen und Läufer beider Nationen hatten in St. Moritz genau die Hälfte – zwölf von 24 Medaillen gewonnen, wobei das ÖSV-Team mit acht Medaillen (unter anderem Gold für David Zwilling, Franz Klammer und Annemarie Moser-Pröll) gegenüber dem französischen Team mit vier Medaillen und den zwei Titeln von Fabienne Serrat klar überlegen war. Im Bregenzerwald endete dieser Zweikampf ebenfalls zugunsten von Österreich: Drexel, Grissmann (Abfahrt), Moser-Pröll und Thomas Hauser (RTL) sowie David Zwilling (Slalom) errangen fünf ÖSV-Siege, denen nur der Slalom-Erfolg von Fabienne Serrat gegenüberstand.

Der unvergessliche Höhepunkt

Ein unbestrittener Höhepunkt der Titelkämpfe war die Abfahrt am 21. Februar in Warth, bei der mehr als 15.000 Zuschauer ein denkwürdiges Rennen auf der Strecke vom Warther Horn erlebten. Hier war Wiltrud Drexel, Dritte in der WM-Abfahrt von St. Moritz, vor ihrer Haustüre zwei Hundertstelsekunden schneller als ihre „ewige Rivalin“ Annemarie Pröll und versetzte damit das Walserdorf in einen unbeschreiblichen Freudentaumel. Tausende Zuschauer verweilten stundenlang bis zur Siegerehrung am frühen Abend in Warth und feierten anschließend ausgelassen.

VN-Bericht über das denkwürdige Rennen in Warth.
VN-Bericht über das denkwürdige Rennen in Warth.

Die Geschichten hinter dem Rennen

Beim Jubel über den Triumph von „Filo“ wurde fast übersehen, dass bei den Herren dem WM-Pechvogel Werner Grissmann eine glänzende Rehabilitation gelang. Als Mitfavorit war der rasende Osttiroler Rauchfangkehrer bei der WM-Abfahrt in St. Moritz zu Sturz gekommen – in Warth holte er den Titel vor den zeitgleichen Zweiten Kurt Engstler aus dem Montafon und dem Australier Manfred Grabler. Die Helden von St. Moritz – Weltmeister David Zwilling (5.) und Vizeweltmeister Franz Klammer (4.) – mussten sich mit den Plätzen neben dem Podium zufriedengeben.

Eine Abfahrt gegen alle Widrigkeiten

Nicht nur der dramatische Rennverlauf, der mit einem Schnitt von mehr als 100 km/h zur bis dahin schnellsten Damen-Abfahrt der Skigeschichte wurde, war außergewöhnlich, auch die Vorgeschichte war beispiellos. Eigentlich sollte die Abfahrt am Diedamskopf ausgetragen werden, doch nach massiven Problemen bei der Generalprobe (ÖSV-Jugendmeisterschaft 1973) versagte die FIS der Diedams-Abfahrt die Homologierung.

Die Piste am Fuße des Wartherhorns bot sich als Ersatz an, doch mussten dafür Bundesheer und freiwillige Helfer in einem beispiellosen Kraftakt eine Rennstrecke für ein einziges Rennen schaffen. Nie zuvor und nie danach wurde hier eine Abfahrt ausgetragen, denn ein beträchtlicher Teil der Strecke verlief im freien Gelände, welches nicht zu den Pisten des Publikumsskilaufs zählt. Die Veranstalter hatten zudem unglaubliches Wetterglück, denn ein Wettersturz in der Nacht nach dem Rennen hätte eine Abfahrt am nächsten Tag unmöglich gemacht. Selbst die Riesentorläufe am Salober und Slaloms in Au konnten nur mit großen Anstrengungen über die Bühne gebracht werden. STP