So kam es zum Ende der Nahversorgung in Laterns

Seit Jahren kämpft Betreiber Harald Nesensohn um finanzielle Unterstützung, während die Gemeinde um Lösungen ringt.

Darum geht’s:

  • Seit 2017 kämpft Laterns um die Nahversorgung, doch wirtschaftliche Probleme begleiten den Dorfladen seit Jahren.
  • Uneinigkeiten verhinderten 2022 eine rasche Entscheidung zur Rettung des Brotlädile Thal.
  • Mehrere Versuche, den Dorfladen finanziell zu unterstützen, scheiterten.

Laterns Die Diskussionen um die Zukunft des Dorfladens in Laterns haben viele Facetten. Die politischen Dimensionen des Themas sorgen in der kleinen Gemeinde für geteilte Meinungen. Bürgermeister Gerold Welte sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, den Dorfladen nicht ausreichend unterstützt zu haben (die VN berichteten). Harald Nesensohn steht ebenfalls in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, politischen Wahlkampf als eigentliche Motivation zu sehen. Doch die Probleme begannen nicht erst in den vergangenen Monaten.

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Erste Maßnahmen für die Nahversorgung (2017)

Bereits im Februar 2017 wurde eine Umfrage zur Nahversorgung an alle Haushalte in Laterns verteilt, ausgearbeitet in Zusammenarbeit mit dem Verein „Dörfliche Lebensqualität und Nahversorgung“. 165 Fragebögen wurden ausgefüllt, zurückgegeben und die Ergebnisse am 29. März 2017 im Rahmen eines Bürgerstammtischs präsentiert.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Umfrage waren, dass zwei Drittel der Befragten das Brotlädile in der bisherigen Form für wichtig halten, dass eine fußläufig erreichbare Nahversorgung stark gewünscht wird und eine Förderung durch die Gemeinde grundsätzlich positiv bewertet wird.

Aus dem Gemeindeblatt zum Bürgerstammtisch am 29. März 2017.

Daraufhin folgte eine Besprechung mit Harald Nesensohn über die mögliche Weiterführung des Brotlädile Thal. Dieser verwies auf noch laufende Abklärungen zwischen dem Verein „Dörfliche Lebensqualität und Nahversorgung“ und dem Land Vorarlberg bezüglich neuer Förderungsrichtlinien.

Im Juni 2017 wurde schließlich beschlossen, dass Harald Nesensohn das Brotlädile im Gemeindehaus weiterbetreiben wird. Die notwendigen Renovierungsarbeiten wurden durchgeführt und Anfang August 2017 konnte das Brotlädile im Thal offiziell eröffnet werden. Die Umsätze waren zunächst gut, entsprachen jedoch nicht den Erwartungen. Ein Verpflegungsautomat sollte zur Umsatzsteigerung beitragen.

So kam es zum Ende der Nahversorgung in Laterns

Strukturelle Anpassungen (2018–2020)

Bereits 2018 wurde deutlich, dass das Brotlädile wirtschaftlich nicht tragfähig war. Harald Nesensohn stellte deshalb einen Antrag auf finanzielle Unterstützung. Die Gemeinde bewilligte einen einmaligen Zuschuss von 2.400 Euro.

2019 entschied sich die Gemeinde, die Geschäftsräume des Dorfladens in Innerlaterns anzumieten und an Harald Nesensohn weiterzuvermieten, um den Nahversorger finanziell weiter zu entlasten. Die Miet- sowie Betriebskosten für das Brotlädile wurden bereits von der Gemeinde übernommen.

Seit 2020 erhält Nesensohn eine jährliche Landesförderung von 25.000 Euro, an der sich die Gemeinde mit 5000 Euro beteiligen muss. Diese finanzielle Unterstützung sicherte den Weiterbetrieb vorerst ab, doch insbesondere das Brotlädile blieb ein defizitäres Projekt.

So kam es zum Ende der Nahversorgung in Laterns
Seit den Gemeindevertretungswahlen im September 2020 steht Gerold Welte der Gemeinde Laterns als Bürgermeister vor. Gemeindeliste Laterns

Wachsende Unsicherheiten (2021–2022)

2021 eskalierten die wirtschaftlichen Probleme des Brotlädiles. In der Gemeindevertretung wurde diskutiert, ob weiterhin öffentliche Gelder in den Erhalt der Filiale fließen sollten. Einige Gemeindevertreter hielten die Unterstützung für notwendig, andere forderten wirtschaftlichere Lösungen.

Im Mai 2022 stellte Harald Nesensohn einen Antrag auf “Verlustübernahme für das Jahr 2021” für das Brotlädile Thal. Die Entscheidung darüber wurde mehrfach vertagt, da nicht alle Unterlagen vorlagen. In der Gemeindevertretersitzung im September 2022 wurde der Antrag erneut diskutiert, jedoch mit 6:5 Stimmen abgelehnt, da die Buchführungsnachweise als unvollständig angesehen wurden.

Laterns 2014 Bgm. Harald Nesensohn Adeg Kaufmann
Harald Nesensohn sieht sich aufgrund der wirtschaftlichen Lage gezwungen, den Dorfladen in Innerlaterns Ende Februar endgültig zu schließen. NESENSOHN

Parallel dazu wurde bereits im März 2021 in der Arbeitsgruppe Nahversorgung über eine mögliche Leistungsvereinbarung gesprochen. Eine verbindliche Vereinbarung kam jedoch nicht zustande.

Die ausbleibende Entscheidung führte letztlich zur plötzlichen Schließung des Brotlädiles. Diese wurde in der Bevölkerung stark bedauert, da neben einer Einkaufsmöglichkeit auch ein sozialer Treffpunkt verloren ging.

Neue Lösungsansätze (2022–2023)

Nach der Schließung suchte die Gemeinde nach Alternativen zur Sicherung der Nahversorgung. Im Oktober 2023 gründeten Günther Nesensohn, Egon Heinzle, Gernot Gögele und Roland Matt den Verein „Laternser Lädele Treff“, der seither das Brotlädile wiederbelebt und als sozialen Treffpunkt etabliert. Diese Initiative führt zu weiteren Spannungen innerhalb der Gemeinde. Kritiker werfen Bürgermeister Welte vor, den Verein – der von seinen Parteikollegen gegründet wurde – zu unterstützen, anstatt sich für den Erhalt des Dorfladens einzusetzen.

Einladung zur Vereinsvorstellung "Laternser Lädele Treff" am 11. Oktober 2023.

Im Jahr 2023 stellte Harald Nesensohn einen nachträglichen Antrag auf “Verlustübernahme für das Brotlädile Thal für das Jahr 2022”. Die Entscheidung wurde zunächst vertagt und erst im Februar 2024 mehrheitlich genehmigt. Der Betrag wurde nachträglich berechnet und anteilig auf die Betriebsmonate von 2022 umgelegt. Mit dieser Auszahlung erklärte die Gemeinde sämtliche Förderungen für das Brotlädile gegenüber Harald Nesensohn als abgeschlossen.

Die letzten Rettungsversuche (2024-heute)

Im April 2024 wandte sich Nesensohn erneut an die Gemeinde und schilderte die prekäre finanzielle Lage des Dorfladens. Er legte drei mögliche Szenarien zur Sicherung des Geschäfts vor und forderte eine Entscheidung bis Juni 2024. Die Gemeinde suchte um Fristverlängerung an, so wurde schließlich im November 2024 eine weitere finanzielle Unterstützung beschlossen: Harald Nesensohn sollte 15.000 Euro für das Jahr 2024 sowie weitere 15.000 Euro bis Juli 2025 erhalten.

Die Auszahlung war jedoch an Bedingungen geknüpft: Der Weiterbetrieb musste bis Juli 2025 garantiert werden und Nesensohn musste detaillierte Bilanzen vorlegen. Eine Garantie zum Fortbestand konnte Nesensohn jedoch nicht zusichern. So fiel im Januar 2025 schließlich die endgültige Entscheidung: Der ADEG-Dorfladen in Innerlaterns wird nach über 100 Jahren schließen.