„Viele Wörter gibt es im Hochdeutschen gar nicht“ – Albert Oswald über die Besonderheit der Mundart

Albert Oswald hat es sich zur Aufgabe gemacht, Dialekt zu bewahren und dessen Ausdrücke in einem Buch zusammenzutragen.
FRASTANZ Die Sprache einer Region ist mehr als nur ein Mittel zur Kommunikation – sie ist Identität, Geschichte und gelebte Kultur. Das gilt besonders für den Fraschtner Dialekt, der mit seinem unverwechselbaren „ÄA“ nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal hat, sondern schon diversen Sprachforschern den Schweiß auf die Stirn getrieben hat. Albert Oswald hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen besonderen Dialekt zu bewahren und dessen einzigartige Ausdrücke zu dokumentieren. Sein Buch “Bsundrig sin mir – aber net so anderscht” ist eine Sammlung von rund 800 Wörtern und Redewendungen aus der Fraschtner Mundart, entstanden aus Gesprächen mit Gleichgesinnten – und mit einer großen Portion Humor.
Der Ursprung der Idee
Die Idee für das Buch entstand in geselliger Runde, genauer gesagt am Stammtisch der sogenannten „Nudeltruppe“. „Das sind lauter eingeborene Fraschtner“, erzählt Oswald. „Wir treffen uns regelmäßig, und da fallen immer wieder alte Wörter, die die Jüngeren oft nicht mehr verstehen. Irgendwann haben wir angefangen, diese Begriffe zu sammeln.“ Mit zunehmender Anzahl an Anekdoten und Fraschtner Bier wurde aus einem losen Notizbuch ein ernsthaftes Projekt. „Praktisch alle gesammelten Dialektwörter gibt es im Hochdeutschen gar nicht. Zum Beispiel ‘zweress’ – das könnte man am ehesten mit ‘verdreht daherkommen’ übersetzen, das triffts noch am ehesten“, erklärt Oswald.
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Dass Dialekt für Außenstehende eine Herausforderung sein kann, weiß er genau: „Den Fraschtner Dialekt zeichnet unzweifelhaft das ‘ÄA’ aus. Für Unbedarfte kaum zu beschreiben, geschweige denn in Lautschrift zu fassen“, schreibt Oswald im Vorwort des Buches. „Ganze Generationen von Sprachforschern endeten derenthalben schwer depressiv in diversen einschlägigen Anstalten.“
Dialekt im Wandel der Zeit
Besonders wichtig war Oswald nicht nur die Sammlung der Wörter, sondern auch deren Bedeutung im historischen Kontext nachzuvollziehen. „Dialekt ist lebendig, er verändert sich ständig“, betont er. „Früher war der Fraschtner Dialekt anders als heute, und in 100 Jahren wird er wieder anders sein.“ Auch Einflüsse von außen, wie das Internet oder Anglizismen, tragen dazu bei. „Es ist erschreckend, dass es in der deutschen Sprache mittlerweile rund 5000 englische Begriffe gibt. Manche Dinge muss man nicht auf Englisch sagen – Teamwork könnte genauso gut ‘Zemmaschaffa’ heißen“, merkt er kritisch an.

Gleichzeitig sieht Oswald aber auch, dass sich Sprache seit jeher verändert. Im Vorwort schreibt er: „Logisch, Sprache und Dialekt sind seit Neandertalers Zeiten in ständigem Wandel. Zeitgeist, Zu- und Abwanderung, Kriege etc. beeinflussten schon immer unsere Sprache und speziell den Dialekt, oft in sehr rustikalen, aber auch humorvollen Ausdrücken.“ So sei es normal, dass alte Begriffe verschwinden und neue entstehen – „aus einem Fazzinetle wurde ein Sacktüachle, daraus heute ein ‘Tempo’.“
Vom Manuskript zum Buch
Oswald hatte die gesammelten Begriffe zunächst in einer Schublade abgelegt. Doch schließlich brachte ihn eine zufällige Gelegenheit zur Veröffentlichung: „Der Gemeindearchivar Thomas Welte hat das Manuskript lektoriert und in eine schöne Form gebracht. Und dann kam die Idee, es mit den Gedichten von Altbürgermeister Harald Ludescher zu kombinieren, dessen Nachlass gerade gesichtet wurde.“ So wurde das Buch im Herbst letzten Jahres veröffentlicht – mit großem Erfolg. „Es ist ausverkauft. Viele haben es ihren Kindern und Enkeln geschenkt oder für Freunde und Verwandte im Ausland mitgenommen“, verrät der Fraschtner.
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Fortsetzung folgt
Die Arbeit am Dialektlexikon ist für Oswald noch nicht abgeschlossen. „Nach der Buchpräsentation haben mir viele Leute noch mehr Wörter geschickt. Ich habe auch im Vorwort erwähnt, dass ich dafür empfänglich bin. Mittlerweile habe ich fast 500 ‘neue’ Begriffe gesammelt“, erzählt er. Eine zweite, überarbeitete Auflage ist bereits in Planung, ein genauer Erscheinungstermin ist jedoch noch nicht bekannt.

Neben seiner Leidenschaft für Sprache ist Albert Oswald auch handwerklich versiert. „Ich habe über 40 Jahre lang Küchen geplant und verkauft. Das hat mir immer Spaß gemacht, weil es eine Mischung aus Technik und Kreativität ist“, sagt er. Heute genießt er seinen Ruhestand, bleibt aber aktiv – sei es mit neuen Buchprojekten, als genialer Handwerker oder mit seinen humorvollen Sketchen, die sogar auf YouTube zu finden sind.
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Was den Fraschtner Dialekt betrifft, hat Oswald einen klaren Wunsch: dass er nicht in der Flut von Anglizismen und Hochdeutsch verschwindet. Denn so unvergleichlich wie das „ÄA“ – vom Stäa bis zum Gläach – ist eben nur eine Sprache: die Sprache der Fraschtner.
