“Ich kam in eine Gesellschaft, die mir fremd war” – Laurines Weg vom Kriegsgebiet zum Studium

Heimat / 23.05.2025 • 13:51 Uhr
Laurine Almohammad
Laurine Almohammad kam kurz vor ihrem 14. Geburtstag nach Österreich.Privat

Mit nur 21 Jahren hat Laurine Almohammad bereits eine bewegende Geschichte zu erzählen. Trotz aller Hürden geht sie ihren Weg mit beeindruckender Zielstrebigkeit.

Mäder Als Laurine Almohammad mit 13 Jahren nach Österreich kam, sprach sie kein Wort Deutsch. Nur zwei Wochen später feierte sie ihren 14. Geburtstag – in einem neuen Land, in einem neuen Leben. “Ich kam als junge Frau mit Kopftuch, ohne Sprachkenntnisse, in eine Gesellschaft, die mir fremd war”, erinnert sie sich.

Heute, acht Jahre später, lebt sie in Mäder, studiert Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck und wurde in die Österreichische Studienstiftung der ÖAW aufgenommen. Den Grundstein für diesen Weg legte das START-Stipendium, das sie drei Jahre lang begleitet hat.

Laurine Almohammad
Laurine Almohammad ist Alumna des “START”-Stipendienprogramms Vorarlberg.

Zuflucht und Neuanfang

Laurine wurde 2003 in Syrien geboren – als Kind kurdischer Eltern. Sie hätte zwar maturieren dürfen, aber ein Studium wäre ihr als staatenlose Kurdin in dem Land verwehrt geblieben. Als der Krieg ausbrach, floh die Familie zunächst in den Libanon, doch dort bot sich kaum eine Perspektive. “Mein Vater wusste, dass das kein Ort für uns Kinder war, an dem wir eine sichere Zukunft hätten. Also ging er nach Europa, um uns ein besseres Leben zu ermöglichen.”

Laurine Almohammad
Laurine ist dankbar für die Unterstützung ihrer Eltern, die ihr den Weg in ein neues Leben ermöglicht haben.

Dass er allein ging, hatte gute Gründe: “Viele denken, die Männer lassen ihre Familien einfach zurück, aber das stimmt nicht. Der Fluchtweg ist gefährlich, zahlreiche Menschen sterben dabei. Ihn als Familie zu bestreiten, wäre ein großes Risiko gewesen.” Die 21-Jährige erzählt auch, dass Schlepper hohe Summen pro Person verlangen. “Mein Vater hat diesen Schritt und das damit verbundene Risiko auf sich genommen, um uns Kindern eine Zukunft zu schenken.” Zwei Jahre später durfte Laurine mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern durch eine Familienzusammenführung nachkommen. Heute sagt sie: “Meine Eltern hatten ein hartes Leben. Ich will, dass sich ihr Einsatz gelohnt hat.”

Ziel vor Augen

Erst letztes Jahr maturierte die junge Frau an der HAK Feldkirch – mit Auszeichnung. Die Unterstützung ihrer Familie war für sie dabei zentral: “Meine Mutter hat mir immer den Rücken freigehalten. Ich musste zu Hause nichts tun außer lernen. Sie sagte: ‚Fokussiere dich auf deine Träume.‘” Ihr Vater habe ihr viel Vertrauen geschenkt. “Du wirst dich für den richtigen Weg entscheiden”, meinte er. Der Lohn dieser Freiheit war ein intensives Lernen, ein klares Ziel vor Augen – und eine Matura, auf die Laurine stolz sein kann.

Laurine Almohammad
Die 21-Jährige maturierte mit Auszeichnung und wurde in die renommierte Österreichische Studienstiftung aufgenommen – eine begehrte Förderung, in die nur wenige nach einem strengen Auswahlverfahren aufgenommen werden.

Ein weiterer entscheidender Begleiter auf ihrem Weg war das START-Stipendium – ein Förderprogramm für engagierte Jugendliche mit Migrationshintergrund. Es bietet nicht nur eine finanzielle Unterstützung von 100 Euro im Monat, sondern auch Workshops, Seminare und persönliche Begleitung. “START war viel mehr als finanzielle Hilfe. Es hat mir Selbstbewusstsein gegeben, Perspektiven eröffnet und ein Netzwerk geschenkt”, erzählt Laurine. Besonders geprägt haben sie Workshops zur Persönlichkeitsentwicklung und politischen Bildung, aber auch kleine Ausflüge wie gemeinsame Kinobesuche. “Ich war eine sehr zurückhaltende Person. START hat mir geholfen, selbstbewusster zu werden.”

Laurine Almohammad
Mittlerweile verbringt Laurine die meiste Zeit in Innsbruck und widmet sich dort voll und ganz ihrem Studium.

Traumberuf seit Kindertagen

Bereits im Alter von zehn Jahren wusste die heute 21-Jährige, dass sie Rechtswissenschaften studieren will. “Ich habe mit meiner Familie damals eine indische Serie geschaut, in der es um vier Schwestern ging. Eine davon arbeitete als Juristin und musste für einen wichtigen Prozess ins Ausland reisen”, erinnert sich die Studentin. In der Serie verfolgten die Angehörigen der Anwältin die Verhandlung im Fernsehen und weinten vor Freude, als sie den Fall gewann. Diese Szene hat Laurine tief beeindruckt: “Seit diesem Moment wusste ich – mein Ziel ist es, Jus zu studieren.”

Mit Vision

Mittlerweile erfüllt sie sich diesen langjährigen Traum in Innsbruck. Welche juristische Richtung sie einschlagen wird, weiß die START-Alumna noch nicht – doch sie will viele Einblicke sammeln. Themen wie Chancengleichheit, Frauenrechte, Integration und psychische Gesundheit liegen ihr besonders am Herzen.

START fördert nicht nur schulische Leistungen, sondern auch gesellschaftliches Engagement und Persönlichkeitsentwicklung. Noch bis zum 31. Mai können sich interessierte Schülerinnen und Schüler für das START-Stipendium bewerben. Alle Infos unter www.start-stipendium.at.

Laurine Almohammad

Geboren am 23. November 2003 in Syrien

Wohnort Mäder (Nebenwohnsitz: Innsbruck)

Ausbildung Matura (HAK Feldkirch), derzeit Jus-Studium an der Universität Innsbruck
Stipendien Ehemalige START-Stipendiatin, aktuell gefördert von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW)