Mit Wasserkraft und viel Geduld

Heimat / 09.07.2025 • 14:26 Uhr
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Geduld, Präzision und jahrzehntelange Erfahrung: Hubert Loretz bei der Arbeit im denkmalgeschützten Sägewerk in Latschau. Kathrin Hausberger

Bei Hubert Loretz in Latschau lebt ein Stück Montafoner Handwerksgeschichte weiter.

Darum geht’s:

  • Historische Säge “Mülli Ferdi” wird mit Wasserkraft betrieben.
  • Hubert Loretz engagiert sich für traditionelles Sägen.
  • Rund 1800 Besucher erleben jährliche Führungen.

Von Kathrin Hausberger

Tschagguns Im Tschaggunser Ortsteil Latschau, wo der Rasafeibach aus dem Gauertal in Richtung Tal rauscht, befindet sich die historische Säge „Mülli Ferdi“. „Schon als Schulkind habe ich meinem Vater geholfen“, erzählt Hubert Loretz. Bereits damals durfte er im Sägewerk mitanpacken. Seit seiner Pensionierung im Jahr 2000 spielt die historische Säge eine noch größere Rolle im Leben de inzwischen 85-Jährigen – den man auch als „Mülli-Hubert“ kennt. Den Namen sowie die Säge hat er von seinem Vater Ferdinand „Mülli-Ferdi“ vererbt bekommen, nach ihm ist auch das denkmalgeschützte Sägewerk benannt. Es ist das einzige noch in Betrieb befindliche historische Sägewerk in Vorarlberg, das mit Wasserkraft betrieben wird.

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Die historische Säge „Mülli Ferdi“ in Latschau wird seit über einem Jahrhundert mit Wasserkraft betrieben. philipp schilcher

Sägen wie anno dazumal

Bereits im Jahr 1790 stand an diesem Platz eine Säge. Das heutige Sägewerk entspricht dem technischen Stand von 1907. Damals gehörte auch eine Getreidemühle dazu – daher der Name „Mülli“, wie man im Montafoner Dialekt sagt. Der Mühlenbetrieb wurde 1926 eingestellt, doch die Kraft des Rasafeibachs treibt bis heute das oberschlächtige Wasserrad an. Es setzt die Hauptantriebswelle in Bewegung, die wiederum die Antriebseinheit im Getrieberaum steuert.

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Hubert Loretz demonstriert das Schausägen – im einzigen noch aktiven, wasserkraftbetriebenen Sägewerk Vorarlbergs. Kathrin hausberger

Auch wenn die moderne Technik längst neue Wege geht – Hubert Loretz bleibt seiner Säge treu. Noch heute erledigt er kleinere Sägearbeiten im historischen Sägewerk. Der Arbeitsaufwand beim Sägen mit dem alten Werk ist kaum mit modernen Maschinen vergleichbar. „Gegen die modernen Sägen kann sie natürlich nicht mithalten“, erklärt Hubert. „Bei dieser Säge musst du alt und geduldig sein, sonst geht da nix“, sagt er und lacht.

Ein Leben für die Wasserkraft

„Mein Leben ist mit und für die Wasserkraft“, erzählt der 85-Jährige. Hubert Loretz’ Lebensweg ist eng verknüpft mit dem Element Wasser. Er war nicht nur beim Bau der Staumauer Kops und des Lünerseekraftwerks beteiligt, sondern arbeitete über 30 Jahre als Maschinist im Rodundwerk. Handwerkliches Können, Erfahrung und technisches Verständnis gehen bei ihm Hand in Hand – und sind erforderlich, um die Säge durch manuelle Bedienung präzise durch das Holz gleiten zu lassen.

Historische Einblicke

Für Hubert Loretz ist die Säge nicht nur ein Erbe, sondern „Hobby, Leidenschaft und ein bisschen Museum“, wie er es beschreibt. Ein Stück dieses „Museums“ können Interessierte jeden Freitag bei einer Führung mit Schausägen erleben. Allein im Jahr 2024 nahmen rund 1800 Besucher teil. Zahlreiche Schulklassen sind regelmäßig zu Gast – und tauchen bei „Mülli-Hubert“ in eine Zeit ein, als Wasserkraft noch Muskelkraft ersetzte.

„Mülli Ferdi“, Schausägen mit Führung jeden Freitag, 13.30 bis 16 Uhr in
Latschau/Tschagguns. Anmeldungen unter 0664 73878184.