„So etwas haben wir nicht erwartet“ – Archäologinnen entdecken mittelalterlichen Bogen in Feldkirch

Heimat / 18.09.2025 • 13:10 Uhr
„So etwas haben wir nicht erwartet“ – Archäologinnen entdecken mittelalterlichen Bogen in Feldkirch
Grabungsleiterin Irene Cagnin und Archäologin Sophie Rothmund dokumentierten die Funde sorgfältig. VN/Hartmann, Talpa

Archäologische Sensation bei den Kanalarbeiten in Feldkirch: Stadtmauer aus der Zeit von Graf Hugo in der Gymnasiumgasse gefunden.

Darum geht’s:

  • Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert in Feldkirch entdeckt.
  • Entdeckungen liefern neue Erkenntnisse zur Stadtentwicklung.
  • Fund zeigt mittelalterliche Befestigungsstrukturen und ihre Bedeutung.

Feldkirch Bei den Kanalsanierungsarbeiten in der Innenstadt kam es zu einer archäologischen Überraschung. In der Gymnasiumgasse wurden bedeutende Reste der mittelalterlichen Stadtmauer sowie ein bislang unbekannter Mauerbogen entdeckt. Die Funde reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück und liefern neue Erkenntnisse über die Entwicklung der Stadt.

Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
Ob der Bogen als Zugang, Durchgang oder Teil einer Kellerstruktur diente, ist noch offen. TALPA

Zeugnisse der ersten Bauphase

Die freigelegten Mauerreste stammen aus der Zeit von Graf Hugo und lassen sich der ersten Bauphase der Stadtbefestigung zuordnen. „Die Stadtmauer der ersten Bauphase läuft unter die Kanalwange des Entenbachs aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Diese Mauer ist jedoch sehr schlecht erhalten, da während der Bauarbeiten der Kanalisation in den 1920er-Jahren vieles bereits zerstört wurde. Ebenfalls ist nur noch die unterste Lage der Mauer erhalten“, erklärt Grabungsleiterin Irene Cagnin. Damit wurden erstmals konkrete Überreste dieser frühen Befestigungsanlagen dokumentiert, die bislang nur aus historischen Abbildungen und wenigen Fragmenten bekannt waren.

Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
Grabungsleiterin Irene Cagnin und Sophie Rothmund von der archäologischen Baubegleitung. VN/HARTMANN

Mauern und Bogen am Klosterareal

Neben der Stadtmauer traten auch Abschnitte der Außenmauer des Klosterareals zutage, die bereits auf einer Zeichnung des Priors Bucelin aus dem Jahr 1677 dargestellt sind. Diese Mauern wurden durch spätere Bauarbeiten zwar teilweise zerstört, erlauben aber dennoch Rückschlüsse auf die Nutzung und Ausdehnung des Areals.

Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
3D-Modell der Grabung: Visualisierung der freigelegten Mauern in der Gymnasiumgasse. TALPA

Besonders ins Auge fiel ein bislang unbekannter Mauerbogen vor dem Pädagogischen Förderzentrum. Er ist innen mit Beton verstrichen und flankiert von zwei älteren Mauern. „Es könnte sich um einen Tunnelgang oder einen Kellerzugang handeln, jedoch ist es zu früh, um dies klar zu sagen“, erläutert Archäologin Sophie Rothmund.

Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
Die Stadtmauer unter der Kanaltrasse: Bei den Arbeiten kamen die mittelalterlichen Strukturen zum Vorschein. TALPA

Die angrenzenden Mauern lassen sich spätestens ins 17. Jahrhundert datieren. Ob der Bogen als Zugang, Durchgang oder Teil einer Kellerstruktur diente, ist noch offen. Auffällig ist, dass er direkt unter einer Linde entdeckt wurde, die wenige Wochen zuvor versetzt worden war.

Dokumentation ohne Verzögerungen

Die Ausgrabungen wurden sorgfältig dokumentiert, eingemessen und fotografisch festgehalten. „Der Befund wurde freigelegt, fotodokumentiert, eingemessen und wissenschaftlich untersucht. Anschließend konnten die Bauarbeiten fortgeführt werden“, so Cagnin. Verzögerungen gab es keine, da archäologische Untersuchungen und Baufortschritt von Beginn an abgestimmt waren.

Die Rolle der Stadtmauer

Die Funde verdeutlichen die historische Bedeutung der Stadtmauer, die weit mehr als ein Schutzwall war. Sie markierte die juristische Grenze, diente als Zollstation, prägte das städtische Selbstverständnis und stellte eine klare Abgrenzung zum Umland dar.

Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
Archäologinnen und Bauarbeiter bei der Grabung, die Mauerreste werden sichtbar. TALPA

Die erste Befestigung umschloss das Gebiet rund um die Marktstraße und war über drei Tore zugänglich – Richtung Chur, Richtung Bregenz und beim Johanniterkloster. In den 1280er-Jahren folgte die planmäßige Erweiterung bis zur Schattenburg, ab 1379 schließlich die Erschließung der Vorstadt bis zur Ill.

Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
Gesamtansicht der Baugrube mit Versorgungsleitungen, Planen und Baumaschinen – die Dimension der Arbeiten wird deutlich. TALPA

Während die Mauern im 19. Jahrhundert vielerorts geschleift wurden, weil sie als Hindernis für das städtische Wachstum galten, gewinnen die aktuellen Funde neue Bedeutung. Sie machen sichtbar, wie eng Feldkirch mit seiner mittelalterlichen Geschichte verbunden ist.

Ein Blick in die Vergangenheit

„Es lässt sich jedoch sagen, dass die beiden älteren Mauern bereits im 17. Jahrhundert existiert haben“, ergänzt Cagnin. Jeder Fund erweitert das Wissen über die Stadtgeschichte – und zeigt, dass im Untergrund der Innenstadt noch viele Spuren verborgen liegen.

Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
Besonders spannend – der neu entdeckte gemauerte Bogen (Gewölbe). TALPA

Die Entdeckungen in der Gymnasiumgasse eröffnen somit ein weiteres Fenster in die Vergangenheit. Sie dokumentieren nicht nur den Verlauf der mittelalterlichen Befestigungen, sondern geben auch Aufschluss über die Veränderungen im Stadtbild über Jahrhunderte hinweg.

Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
Gymnasiumgasse, Archäologische Funde
Gymnasiumgasse, Archäologische Funde