Die Lorünser Tuchfabrik: Wie eine Fabrik ein Dorf prägte

Heimat / 21.10.2025 • 10:11 Uhr
Die Lorünser Tuchfabrik 2013: Vom Wirtschaftsmotor zum Denkmal
Die Lorünser Tuchfabrik 2013: Vom Wirtschaftsmotor zum DenkmalBöhringer

Die Geschichte der Wollstofffabrik Lorünser in Nüziders

Nüziders Als Christian Lorünser 1886 in Nüziders eine Loden- und Wollstofffabrik errichten ließ, war er bereits ein erfahrener Textilunternehmer. Seit den 1830er-Jahren hatte er in der Region gewirkt, zuletzt als Teilhaber der Baumwollspinnerei Alt-Kaltenbrunn in Bludenz. Nach seinem Austritt 1872 fand er im Oberdorf von Nüziders einen geeigneten Standort: Das alte Mühlanwesen der Geschwister Zech bot mit seinen Wasserrechten am Mühlbach, gespeist von Nüzbach und Stutzbach, ideale Voraussetzungen. Kurz nach der Gründung verstarb Lorünser, seine Erben führten den Aufbau fort. Bald entstand ein Fabriksensemble mit Spinnerei, Weberei und Färberei, verbunden durch einen überdachten Gang über die Burggasse. Ein eigenes Kraftwerk zeugte vom technischen Fortschrittswillen der Familie. Um 1890 arbeiteten bereits 36 Menschen in der Produktion – ausschließlich Einheimische, da Lorünser keine italienischen Wanderarbeiter beschäftigte.

Die neue Weberei Lorünser, 2013. Fotos: Böhringer
Die neue Weberei Lorünser, 2013.

Brand zerstörte Altbau

In der Zwischenkriegszeit expandierte das Unternehmen trotz Wirtschaftskrise. 1931 entstand nach Plänen des Bregenzer Architekten Willibald Braun eine neue Färberei und Weberei – ein frühes Beispiel moderner Industriearchitektur in Vorarlberg. Zwei Jahre später zerstörte ein Brand den Altbau, der vollständig neu errichtet wurde. Während des Zweiten Weltkriegs sicherte die Fabrik ihre Existenz durch Wehrmachtsaufträge. Nach 1945 führte sie den Betrieb unter dem Namen Lorünser Tuchfabrik weiter. In den 1950er-Jahren galt das Werk als vorbildlich mit Arbeiterwohnungen, Gemeinschaftsküche und Fachbibliothek. 1952 eröffnete Lorünser eine Spinnerei im nahen Klaus, später eine Niederlassung in Hörbranz. Ab den 1960er-Jahren lebte die Unternehmerfamilie in der 1898 vom Bludenzer Architekten Johann Wachter entworfenen Villa am Obdorfweg in Bludenz, wo sich auch ein Detailverkauf befand. Über Jahrzehnte prägte Lorünser das Wirtschaftsleben im Walgau, bis die Textilindustrie ab den 1980er-Jahren zunehmend unter globalen Druck geriet. In den 1990er-Jahren kämpfte die Firma ums Überleben. Die Fusion mit der Lustenauer Firma Kleinsorg 2001 scheiterte – beide Unternehmen mussten Konkurs anmelden. Das einst belebte Werksgelände wurde verkauft und schrittweise zu Wohnzwecken umgestaltet. MEC