Wenn Inklusion selbstverständlich gelebt wird

Heimat / 13.11.2025 • 10:26 Uhr

Inklusion selbstverständlich gelebt
Jürgen Stemer (Bildmitte) wurde im Job durch Turgay Keskin (Firma Martin), Martina Klinger (Caritas Kompass), Rainer Hartmann (Firma Martin) und Raphael Barwart (Caritas Kompass) unterstützt. Caritas

36 Jahre lang arbeitete Jürgen Stemer auf einem integrativen Arbeitsplatz.

Ludesch Wenn Jürgen Stemer die Hallen der Ludescher Firma Martin GmbH betritt, wird schnell klar, wie sehr er hier geschätzt wird: Von allen Seiten ertönen herzliche Begrüßungen, ein freundliches “Magsch an Kaffee?” – fast wie in alten Zeiten. 36 Jahre lang war der Bludenzer Teil des Unternehmens, ehe er im August in Pension ging. Nun besucht er erstmals seine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen – und blickt mit sichtbarer Freude auf die gemeinsame Zeit zurück.

“In der Brennschneiderei habe ich die einzelnen Teile geputzt, damit sie weiterverarbeitet werden konnten”, erzählt Stemer. Auch Aufräumarbeiten in der Halle gehörten zu seinem Alltag. Beschäftigt war er im Rahmen eines integrativen Arbeitsplatzes – ein gelungenes Beispiel dafür, wie Inklusion im Berufsleben funktionieren kann.

Inklusion selbstverständlich gelebt
Fixe Arbeitsabläufe wurden über viele Jahre von Jürgen Stemer verlässlich erledigt.

Rainer Hartmann, langjähriger Leiter der Schweißerei, und Turgay Keskin, heutiger Abteilungsleiter der Brennschneiderei, nehmen sich Zeit für ihren früheren Mitarbeiter. “Jürgen kann durchaus temperamentvoll sein. Die Zusammenarbeit mit ihm erforderte Klarheit und Verständnis”, erinnert sich Hartmann. “Und wenn mal deutliche Worte nötig waren, konnte er auch einige Tage schweigen”, fügt er schmunzelnd hinzu. Der Umgangston in der Metallbranche sei trotz des “harten Materials” menschlich geblieben: “Der Kern ist weich”, sagt Hartmann.

Inklusion selbstverständlich gelebt
Jürgen Stemer freut sich, seinen früheren Chef Turgay Keskin wiederzutreffen.

Begleitet wurde Jürgen Stemer während seiner Berufsjahre von Martina Klinger von der Caritas-Kompass-Assistenz, einem Angebot zur Integration von Menschen mit Lernschwierigkeiten in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Sie lobt die Martin GmbH: “Dass ein Arbeitsverhältnis über so viele Jahre funktioniert, zeigt, dass vieles sehr gut gepasst hat. Rainer Hartmann war als Mentor ein wichtiger Erfolgsfaktor – er hat im Hintergrund oft still Wogen geglättet.”

Auch aus Sicht des Unternehmens war die Zusammenarbeit bereichernd. Marketingleiter Christian Gohm betont: “Wir verstehen uns als Team, in dem Vielfalt Platz hat. Schon Lehrlinge lernen den respektvollen Umgang miteinander. Menschen mit Beeinträchtigungen bieten wir Stabilität und Chancen.” Er zieht den Vergleich mit einer Fußballmannschaft: “Ein Team braucht unterschiedliche Charaktere – gäbe es nur Stürmer oder Tormänner, wäre jedes Spiel verloren.”

Kompass-Assistenz: Integrativer Arbeitsplatz

Mit dem Programm Kompass-Assistenz der Caritas wird Menschen mit Lernschwierigkeiten beziehungsweise kognitiver Beeinträchtigung ein direkter Einstieg in den allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht. Firmenpraktika ermöglichen ein Ausprobieren verschiedener Berufe und ein gegenseitiges Kennenlernen. Die Kompass-Assistenten unterstützen auch während des Arbeitsprozesses – so lange, wie dies gewünscht ist. Infos und Kontakte sind unter kompass@caritas.at oder www.caritas-vorarlberg.at/kompass erhältlich.