“Traditionell werden Frauen wie Menschen zweiter Klasse behandelt, sie haben nichts zu sagen”

Die Einnahmen der Vorarlberger Sternsinger stärken Massai-Frauen in Tansania und bringen Hoffnung in deren Leben.
Feldkirch Hunger, Wassermangel und Armut prägen in vielen Regionen Tansanias den Alltag. Die Böden sind ausgetrocknet, Ernten bleiben aus, und die Klimakrise verschärft die Situation dramatisch. Dürren, Überschwemmungen und Schädlingsbefall machen die Landwirtschaft zunehmend unberechenbar. Besonders Kinder leiden: Mangelernährung bremst ihre körperliche und geistige Entwicklung, viele müssen arbeiten, statt zur Schule zu gehen. Bildung wird zum Luxusgut.
Doch Unterstützung kommt auch aus Österreich: Durch die Sternsingeraktion werden jährlich rund 500 Projekte weltweit ermöglicht – eines davon in der Region Arusha, wo der Pastoral Women’s Council (PWC) mehr als 6000 Massai-Frauen begleitet. Die Initiative setzt auf nachhaltige “Hilfe zur Selbsthilfe”.
Frauenrechte statt Stillstand
In der patriarchal geprägten Massai-Gesellschaft haben Frauen traditionell kaum Mitspracherecht. Viele Mädchen brechen die Schule frühzeitig ab, manche sind von Kinderehen oder Genitalverstümmelung bedroht. “Traditionell werden Frauen wie Menschen zweiter Klasse behandelt”, erzählt Massai Timothy Yaile. Doch das beginnt sich zu ändern.

PWC hat Frauenforen geschaffen, in denen über Rechte, Gewaltprävention und den Wert von Bildung gesprochen wird. Männer werden bewusst eingebunden. In jeder Gemeinde gibt es nun Gruppen, die bei Konflikten vermitteln und Diskriminierung offen ansprechen. “Diese Balance zwischen Frauen und Männern hat den Respekt nachhaltig verändert”, sagt Yaile.
Wirtschaftliche Selbständigkeit als Wendepunkt
Einen besonders großen Unterschied machen Frauenspargruppen. Mit Mikrokrediten starten Frauen kleine Unternehmen – Schmuckproduktion, Verkaufsstände, Viehzucht oder kleine Restaurants. “Viele Frauen entdecken Fähigkeiten, die ihnen früher nie zugetraut wurden”, berichtet Stella James. Heute tragen zahlreiche Massai-Frauen entscheidend zum Familieneinkommen bei – oft mehr als die Männer.
Diese Entwicklung verändert die Haltung der gesamten Gemeinschaft. “Früher war die Geburt eines Jungen ein Grund zur Freude – heute freut man sich genauso über ein Mädchen”, sagt Yaile. Eine ältere Frau habe sogar geäußert, sie wünschte, sie hätte mehr Töchter, “weil sie Hoffnung bringen”.
Aber jetzt, nachdem PWC angefangen hat, Mädchen in weiterführende Schulen und sogar Universitäten zu schicken, sind die Massai auf einem guten Weg. “Aber das ist wirklich eine besondere Entwicklung in der Tradition afrikanischer Menschen”, so Timothy Yaile.

Klimawandel als größte Bedrohung
Der Klimawandel setzt den Viehzüchtern massiv zu. Unregelmäßige Regenzeiten und knappe Weideflächen führen zu großen Verlusten beim Vieh – der Lebensgrundlage vieler Familien. PWC entwickelt daher sogenannte Klimaschutzpläne (“CAPs”) mit den Dörfern. Diese beinhalten Maßnahmen wie Wasserzugang, Baumpflanzungen, Rotationsweiden oder Landrestaurierung durch spezielle Erdstrukturen, sogenannte Halbmonde. Ziel ist es, zerstörte Böden wieder fruchtbar zu machen.
Was die Sternsinger bewirken
Ohne die Spenden aus Österreich wäre all das kaum möglich. Die Mittel finanzieren Schulungen, berufliche Ausbildungen für Jugendliche, Frauenrechtsprogramme und den Aufbau neuer Spargruppen. Allein durch die jüngste Zusammenarbeit mit der Jungschar konnten 30 Frauengruppen mit insgesamt 900 Frauen gegründet sowie zehn Frauenrechtsforen aufgebaut werden.

“Das Geld der Sternsinger hat echte Veränderung gebracht”, betonen Yaile und James. Veränderung, die nicht von außen kommt – sondern aus der Gemeinschaft selbst wächst.