Willkür-Verdacht bei Meisterprüfungen: “Mit Untätigkeit machen sie sich mitschuldig”

Karriere / 30.01.2024 • 14:35 Uhr
Willkür-Verdacht bei Meisterprüfungen: "Mit Untätigkeit machen sie sich mitschuldig"
VN/Rhomberg, VN, APA

Neos-Nationalratsabgeordneter Gerald Loacker geht mit Arbeitsminister Kocher hart ins Gericht. Mittlerweile keine Spenglermeisterprüfungen mehr im Land.

Lauterach Die Geschichte hatte hohe Wellen geschlagen. Es ging um Willkür-Verdacht, Befangenheit und chaotische Zustände bei Spengler-Meisterprüfungen im WIFI. Michael Jäger (48), Dachdecker- und Spenglerunternehmer, machte Fälle öffentlich. Zwei seiner Söhne und ein erfahrener Vorarbeiter waren im Mai letzten Jahres zur Meisterprüfung angetreten.

Geschafft hat es nur einer. Jäger, selbst gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, hatte daraufhin in einem Privatgutachten die Ergebnisse der Prüfungskommission zerpflückt. Die beiden Prüfungskandidaten hätten demnach nicht nur durchkommen müssen, sondern das bis hin zu einer Auszeichnung verdient. Die Vorgänge beschäftigten neben dem Landesverwaltungsgericht in Bregenz auch das Parlament in Wien.

Michael Jäger ist selbst gerichtlich zertifizierter Sachverständiger.<span class="copyright"> VN/Rhomberg</span>
Michael Jäger ist selbst gerichtlich zertifizierter Sachverständiger. VN/Rhomberg

Gerald Loacker, Nationalratsabgeordneter der Neos, wollte Antworten auf brennende Fragen zu den Verdachtsfällen und Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei Meisterprüfungen im Allgemeinen. Das Ergebnis der Anfrage an Arbeitsminister Martin Kocher beschreibt er “als ernüchternd”. Der Minister vermittle nicht den Eindruck, dass ernsthafte Schritte zur Qualitätskontrolle gesetzt worden seien. Auch hätte er im Wege der mittelbaren Bundesverwaltung Landeshauptmann Markus Wallner in die Pflicht nehmen können. “Wenn selbst innerhalb der Wirtschaftskammer Unbehagen mit den Vorgängen geäußert wird, könnte ja eine außenstehende Aufsichtsbehörde sagen, wir schauen uns das genauer an. Mit der Untätigkeit machen sie sich mitschuldig”, so der Neos-Abgeordnete weiter.

Die Dachdeckerei Jäger in Lauterach gilt als exzellenter Ausbildungsbetrieb. Firmeninhaber Michael Jäger ortet in jüngsten Meisterprüfungen Befangenheit und Willkür. <span class="copyright">VN/Rhomberg</span>
Die Dachdeckerei Jäger in Lauterach gilt als exzellenter Ausbildungsbetrieb. Firmeninhaber Michael Jäger ortet in jüngsten Meisterprüfungen Befangenheit und Willkür. VN/Rhomberg

Tatsächlich hatte sich Kammer-Direktor Christoph Jenny, nachdem er mit den Willkür-Vorwürfen bei den Meisterprüfungen konfrontiert worden war, selbst ein Bild gemacht und räumte im Oktober gegenüber den VN zwar ein, dass nicht alles 100 Prozent so gelaufen sei, wie er sich eine optimale Prüfung vorstelle. Keiner der Vorfälle für sich sei aber so relevant gewesen, dass er sich auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt hätte, stärkte Jenny der Kommission den Rücken und verwies auf die Möglichkeit einer Beschwerde am Landesverwaltungsgericht. Eine solche sei mit der Novelle zur Gewerbeordnung am 1. Jänner 2018 gesetzlich expliziert festgelegt worden, ließ auch Arbeitsminister Martin Kocher in seiner Anfragebeantwortung wissen.

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Das Landesverwaltungsgericht sollte also Antworten liefern. Die Beschwerden wurden zwischenzeitlich behandelt. Und sie wurden abgelehnt. Das Gericht vertrete die Auffassung, nicht berufen und befugt zu sein, das Ergebnis der Prüfung inhaltlich zu bewerten, sagt Anwalt Herwig Mayrhofer, der die beiden Prüfungskandidaten vertritt. Mit den Sachverständigengutachten setzte sich das Gericht demnach erst gar nicht auseinander. Jetzt bleibe noch der Weg zum Verwaltungsgerichtshof in Wien, wie Mayrhofer skizziert. Eine Entscheidung dazu sei noch nicht gefallen.

Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Jenny hatte sich selbst ein Bild gemacht und der Kommission den Rücken gestärkt. <span class="copyright">WKV</span>
Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Jenny hatte sich selbst ein Bild gemacht und der Kommission den Rücken gestärkt. WKV

Michael Jäger hatte auf Missstände aufmerksam gemacht und damit für Aufsehen gesorgt. An den Vorwürfen hält er fest. Sein Kampf gegen mögliche Willkür und Befangenheit blieb trotz abgelehnter Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht nicht unbelohnt. So ist die betroffene Kommission mittlerweile aufgelöst. Bis zur Gründung einer neuen können im Land demnach keine Prüfungen mehr stattfinden. Prüflinge sollten in anderen Bundesländern nun von einer objektiven Kommission beurteilt werden, hofft Jäger auch für jene beiden Kandidaten, die es seiner Meinung nach im Mai “zu Unrecht nicht geschafft hatten”.