„Habemus papam“ in Konstanz
Heute vor genau 600 Jahren wurde am Bodensee Weltgeschichte geschrieben. Am 11. November 1417 wurde beim Konstanzer Konzil das Schisma der katholischen Kirche beendet. Nach vielen Jahren, in denen drei Päpste für sich in Anspruch nahmen, das rechtmäßige Oberhaupt der katholischen Kirche zu sein, einigte man sich in jenem Gebäude, das am Hafen in Konstanz steht und heute noch Konzilsgebäude heißt, auf den italienischen Kardinal Oddo di Colonna, der den Namen des Tagesheiligen, Martin V., annahm.
Die Vorgeschichte: 1378 begann das Große Abendländische Schisma, die Spaltung der katholischen Kirche. Kardinäle waren unzufrieden mit der Amtsführung des Papstes und wählten einen Gegenpapst. So gab es zwei Päpste. Schließlich konnte man sich 1409 beim Konzil von Pisa wieder nicht einigen und wählte wieder einen Papst. Damit hatte die Kirche drei Männer auf dem „Stuhl Petri“: Gregor XII. mit Sitz in Rom, Benedikt XIII. in Avignon und Johannes XXIII. aus Pisa. Das brachte nicht nur kirchliche, sondern auch politische Probleme. König Sigismund wollte diesen Zustand beenden und berief mit Johannes XXIII. 1414 das Konzil in das neutrale Konstanz ein, das zum größten Kongress des Abendlandes werden sollte. Konstanz hatte damals etwa 8000 Einwohner, das Konzil brachte aber zuzeiten bis zu 80.000 Besucher, darunter Päpste, Könige, Kardinäle und Fürsten in die Stadt. Ganz nebenbei: Nach Konstanz kamen auch bis zu 1500 „Hübschlerinnen“, also Huren.
Lange wurde in Konstanz gestritten, es ging um drei Fragen: Die Einheit der Kirche wiederherzustellen; die Kirche zu reformieren; und schließlich die Glaubensfrage, gemeint war der Umgang mit Ketzern. Im letzten Punkt hatte man schon 1415 Klarheit geschaffen und den tschechischen Reformator Jan Hus öffentlich verbrannt. Die Reformfrage wurde nicht gelöst, womit dem späteren Reformator Martin Luther der Weg geebnet wurde.
Klarheit erreichte man nur in der Papstfrage, indem König Sigismund mit dem Klerus die Absetzung aller drei Päpste erreichte und mit der Wahl von Martin V. wieder die Einheit herstellte. Nach dem Konklave und der erfolgreichen Wahl erschallte der Ruf „Habemus papam“ und König Sigismund führte eine Prozession, an der 80.000 Menschen teilgenommen haben sollen, zum Konstanzer Münster. Damit war die einzige Wahl eines Papstes auf deutschem Boden vorbei und Konstanz ging als einigende Stadt in die Geschichte ein.
„Konstanz hatte damals etwa 8000 Einwohner, das Konzil brachte aber bis zu 80.000 Besucher, darunter Päpste, Könige, Kardinäle und Fürsten in die Stadt.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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