Starker Stoff zweier Künstlerinnen

Stefanie Kägi und Selina Reiterer zeigen eine Rauminstallation im Engländerbau.
Vaduz Für Künstlerinnen und Künstler ist es gut, einen so großen und störungsfreien Raum wie jenen im Engländerbau in der Hauptstadt des Fürstentums zu haben, man muss ihn aber erst einmal bewältigen. Keine Scheu zeigen mit Stefanie Kägi (geb. 1987) und Selina Reiterer (geb. 1985) Künstlerinnen aus Winterthur und Bregenz, die unter anderem an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee studierten.
Assoziationen zum Bauhaus
Die mit “Solid Solutions/Soft Skills” und somit mit einem Gegensatzpaar betitelte Installation, die nun in Vaduz zu begehen und zu betrachten ist, weckt unmittelbar Assoziationen zum heuer jubilierenden, 1919 gegründeten Bauhaus. Diente doch beispielsweise im legendär gewordenen Messestand “Café Samt und Seide” weiches, textiles Material als stabile Abgrenzung und architektonisches Element. Entworfen hatte es in den 1920er-Jahren neben Ludwig Mies van der Rohe mit Lilly Reich eine der wenigen Frauen, die sich gegen die Machos in der berühmten Architektur-, Design- und Kunstschule durchsetzen konnten, an der eigentlich auch die Gleichberechtigung und die Entwicklung eines demokratischen Gemeinwesens auf dem Lehrplan standen.
Mit diesen Bildern und den Geschichten vor Augen ist man schon mittendrin im Thema, das nun auch Stefanie Kägi und Selina Reiterer aufgreifen, wenn sie den weißen Kubus bespielen. Wenn sie dort Perspektiven, aber auch Wohlfühlecken schaffen, die für die Betrachter zum Erlebnis werden, während sie sich mit dem malerischen Duktus auf der einen oder anderen von der Decke bis über den Boden gespannten Stoffbahn auseinandersetzen, die Muster wie Ornamente oder die unterschiedliche Raumerfahrung, die sich durch die Begrenzungen ergibt, auf sich wirken lassen.
Wichtige Kompetenz
Abgesehen davon, dass Kägi und Reiterer so klug wie witzig mit Begriffen spielen, die im Finanz- und Unternehmensbereich Verwendung finden, wo man an allen Ecken und Enden “Solutions” anbietet, verweisen sie auch auf den hohen Wert der oft den Frauen zugeschriebenen “Soft Skills”. Soziale und kommunikative Fähigkeiten unterscheiden Menschen von Maschinen und das wird – jeglicher Digitalisierung zum Trotz – wohl noch lange so bleiben. Dass wir bei “Solid Solutions” selbstverständlich auch den Bereich der Chemie streifen, darf man in die Überlegungen einbeziehen. Letztlich geht es beim Malakt selbst und beim Trägermaterial ja auch um neuere Techniken beim Stoffdruck, die sich die Künstlerinnen für ihre Bilder zunutze machen. Was heißt zunutze machen? Im Engländerbau wird klar, dass beide höchst kreativ und was die Technik betrifft, mit allen Wassern gewaschen sind.
Die Ausstellung ist im Engländerbau in Vaduz bis 19. Mai geöffnet, Mo bis So, 13 bis 17 Uhr. 7. Mai, 19 Uhr, Vortrag von Peter Röllin: “Fein betucht – hart gefädelt”.