Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Eigenständiger Zeitgenosse

Kultur / 26.04.2019 • 13:59 Uhr

Vor bald vierzig Jahren, 1980, erschien der Band „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“ vom kürzlich verstorbenen Friedrich Achleitner. Darin erfährt Rudolf Wäger, eigentlich ausgebildeter Zimmermann und als Architekt Autodidakt, mit seinen Bauten ganz besondere Erwähnung. Auf dem Gebiet des inzwischen berühmt gewordenen Holzbaus spricht Achleitner von „einer zentralen Rolle“ Wägers, von einer „großen Bandbreite der Variation“ oder von „unwahrscheinlicher räumlicher Ausnutzung“. Im Jahr 1993 erschien bei der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Vorarlbergs zur Ausstellung „Architektur in Vorarlberg seit 1960“ ein reich mit Fotos ausgestatteter Katalog. Zum dominierenden Thema „Einfamilienhäuser“ – vor allem in diesem Bereich zeigten sich die Anfänge der von Achleitner so bezeichneten „Vorarlberger Bauschule“ – finden sich bei den frühesten Bauten die Namen Jakob Albrecht, Gunter Wratzfeld, Hans Purin und Rudolf Wäger. Wäger ist in den ersten Jahren besonders stark mit sieben Projekten dabei.

Für Rudolf Wäger selbst aber war wichtiger, was seine Bauherrinnen und Bauherrn über ihn sagten. Es war die Zeit kulturellen Aufbruchs.

Vor einigen Tagen ist Rudolf Wäger gestorben. Otto Kapfinger, einer der maßgeblichen österreichischen Architekturpublizisten, schreibt in einer Aussendung des Vorarlberger Architekturinstituts zu Wäger: „Er war in Sprache und Gestik, auf der Baustelle wie im privaten Gespräch, ein stets ruhig, bedächtig und zugleich absolut bestimmt, kritisch, auch selbstkritisch agierender, eigenständiger Zeitgenosse.“

Eigenleistung

Damit ist schon viel über Rudolf Wäger gesagt, viel Lob von kompetenter Seite. Für Wäger selbst aber war wichtiger, was seine Bauherrinnen und Bauherrn über ihn sagten. Es war die Zeit der sechziger und siebziger Jahre, die Zeit kulturellen Aufbruchs, in der nicht zuletzt junge, engagierte Lehrer mit bescheidenem Gehalt und großem Engagement zu den Auftraggebern von Rudolf Wäger gehörten. Er hatte sich mit dem für seine Familie erbauten „Würfelhaus“ für solche Projekte empfohlen. „Zu 80 Prozent habe ich das Haus selbst gebaut“, sagte Wäger – und Ähnliches wollte er auch von seinen Bauherrn. Eigenleistung war das Zauberwort – nicht zuletzt von den Kosten. Auch für die legendäre Siedlung Ruhwiesen in Schlins von 1970-72. Kapfinger spricht vom „Urmeter für die später so virulente neue Baukunst Vorarlbergs“, Achleitner von der “Lösung des Wohnproblems mit geringen Mitteln“.

Vieles gäbe es über Rudolf Wäger zu erzählen. Ein für das nächste Jahr – Wäger hätte seinen 80. Geburtstag gefeiert – geplantes Buch wird diese Lücke schließen. Trotz der Trauer dürfen wir uns darauf freuen.

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.