Kunst für eine bessere Zukunft

Christian Eder, Veronika Dirnhofer und Harald Grünauer bestreiten die neue Ausstellung im Künstlerhaus Bregenz.
BREGENZ Zeichnung und Malerei stehen zum Ende des Ausstellungsjahres im Künstlerhaus im Mittelpunkt. Mit Christian Eder, Veronika Dirnhofer und Harald Grünauer sind drei Mitglieder der Berufsvereinigung in drei völlig verschiedenen Ausstellungen zu sehen, dennoch gibt es Überlagerungen in Themen und Strategien.
Zwischen Linie und Raum
Das Vergangene ist vorbei, die Zukunft noch nicht näher zu bestimmen, Ordnungen sind obsolet geworden, so fällt der Blick auf das, was gerade noch da ist: “Dieses schmale Stück Gegenwart, welches jedoch schon etwas gekrümmt wie eine Speckschwarte vor uns liegt”, so Christian Eder. Der 1964 in Bregenz geborene, in Wien und Illmitz lebende Künstler untersucht in seinen abstrakt-geometrischen Arbeiten und jenseits orientierungsloser, multiplizierbarer, digitaler Produktion im zeitlosen Medium Malerei die heutigen Möglichkeiten des Tafelbildes. Ovale Formen, Bänder und Linien bilden das malerische Vokabular seiner Konstellationen zwischen Linie und Raum. Während die eine Hälfte des Raumes für die farbigen Arbeiten reserviert ist, dominiert Schwarz-Weiß, das das Sehen noch stärker herausfordert, die andere Seite. Das Grenzgebiet dazwischen bleibt frei und wird zur Raumbühne für die Natur im Park draußen. Mit dem Werkstoff Holz macht Christian Eder noch einmal einen großen Schritt in den Raum hinein.
Kunstrecycling
Das Astgewirr der Bäume vor dem Fenster holt auch Veronika Dirnhofer (geb. 1967) in großformatigen Tuschearbeiten ins Haus. Natur bzw. die Landschaft sind ein wichtiges Thema im Werk der in Vorarlberg aufgewachsenen vielseitigen Künstlerin. So beschäftigt sie sich mit der Klimakrise, und hat ihr persönliches Umwelt- und Ressourcenbewusstsein geschärft. Unter dem Motto “I Care For You” hat Dirnhofer mit früheren Landschaftsbildern Kunstrecycling betrieben und diese radikal überarbeitet. Sie wolle sowohl im Leben als auch in der Kunst eine Haltung haben, sagt die Malerin, die ihr Tun, losgelöst vom Einzelwerk, vielmehr als Arbeiten an der Realität sieht, in der sie sich auch sozial stark engagiert. Neben Spiegeln, in die sie Worte und Sätze einritzt, um sich selbst dabei zuzuschauen und sich ihrer Position dadurch noch einmal zu vergewissern, zeigt die Künstlerin auch Masken aus Keramik, für die Naomi Kleins Buch “On Fire” sowohl den Sockel als auch die gedankliche Basis bildet. In der aus gefundenen Ästen, Bambus, Glasstäben und Tonteilen bestehenden Raumzeichnung “Drifting” reflektiert Dirnhofer das Prozesshafte in ihrer Arbeit, in der sich eines aus dem anderen heraus entwickelt.
20 Meter Zeichnung am Stück
Im Fluss von Raum und Zeit ist auch das zeichnerische Schaffen von Harald Grünauer angesiedelt. Erst vor einer Woche ist seine jüngste Arbeit aus der Reihe “Zeitmaschine” fertig geworden, ein wahrhaft episches Werk, das den Künstler unglaubliche acht Monate lang tagtäglich beschäftigt hat und noch unglaublichere 20 Meter lang (und 1,5 Meter hoch) ist – über und über bedeckt mit Formen, Linien, Punkten und Schatten, die das Grünauersche Universum bilden. Der 1968 in Dornbirn geborene Künstler ist nach seiner letzten Ausstellung zwar schon als buntstift-zeichnerischer Langstreckenläufer bekannt, verdoppelt hier aber seinen eigenen Rekord glatt. Auf dem “Blatt” zeichnet er in alle Richtungen, freihändig, ohne Schablonen, Lineal oder Radiergummi. Diese Riesenrolle, eingespannt in eine Spezialvorrichtung und immer nur einen Ausschnitt von jeweils drei Metern freilassend, bearbeitet Grünauer von rechts nach links. Wenn man die im Dachgeschoß gekrümmt wie das Universum präsentierte Zeichenbahn abgeht, stellt man fest, dass sich Motive und Farben über den langen Entstehungszeitraum gegen Ende hin immer mehr verdichtet haben. Immer tiefer sei er in die Zeichnung hineingefallen, wie in ein schwarzes Loch, sagt Grünauer, der sich intensiv mit Science-Fiction und Astronomie sowie der Relativitätstheorie befasst. Auch als Betrachter wird man von diesem erstaunlichen Werk, in dem biomorphe Formen und Apparaturen schweben und alles mit allem verschmelzend zu tun hat, absorbiert. Ariane Grabher
Die Ausstellung ist im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis, Gallusstraße 10, Bregenz, bis 6. Jänner 2020 geöffnet, Di bis Sa 14 bis 18 Uhr, Sonn- und Feiertag 11 bis 17 Uhr.