Warum die Schulen schon einmal zu und Feste verboten waren

Kultur / 05.04.2020 • 14:00 Uhr
Warum die Schulen schon einmal zu und Feste verboten waren
So sah das städtische Krankenhaus in Bregenz bis in die 1950er-Jahre aus. STADTARCHIV

Erinnerungen an die Polio-Epidemie, die Spanische Grippe oder das einstige Spitalswesen sind nun kein Zufall.

Bregenz Vom April oder vom Mai weg waren die Schulen geschlossen, an manchen Orten zogen sich diese Schließungen bis in den Herbst hinein. Menschen unter 21 Jahren waren öffentliche Aktivitäten zum Großteil untersagt. Feste gab es für sie keine und selbst der Besuch der Schwimmbäder war nicht erlaubt. Ein solches Bild bezieht sich auf das Jahr 1947. In Österreich grassierte die Polio-Epidemie, auch die westlichen Bundesländer waren betroffen. Ausgerechnet in der warmen Jahreszeit hatten die Menschen Beschränkungen hinzunehmen, erklärt Aaron Salzmann (28) im Gespräch mit den VN. Der Bregenzer ist Projektmitarbeiter an der Universität Innsbruck und richtet als solcher den Fokus auf die Medizingeschichte. In den 1950er-Jahren kam ein Impfstoff auf den Markt, viele Menschen erachten die Kinderlähmung deshalb als ausgerottet. Das ist sie nicht und gerade älteren Personen ist die Angst noch selbst oder durch Erzählungen erinnerlich. Wer in Zeitungsarchiven blättert, findet Artikel über die Maßnahmen zur Eindämmung der Infektion. Sie bestimmten das Leben zwar bei Weitem nicht so wie die momentane Covid-19-Pandemie, aber immerhin, gerade Jugendliche waren betroffen. Egal, ob sie gerade eine harte Kriegskindheit erlebt hatten, die Auflagen waren strikt zu berücksichtigen – keine Versammlungen, keine Feste, kein Schul-, aber auch kein Kinobesuch. Wie sich die Bilder doch gleichen. Lediglich die Risikogruppe war eine andere. Die Zahl der Todesfälle hielt sich in Grenzen, zahlreiche Erkrankte litten aber zeitlebens an Folgen wie Gelenkschäden, die bis zur Invalidität führen konnten.

Ein winziges Spital

Verweise auf die Spanische Grippe von 1918/20, also vor 100 Jahren, erfolgen im Zusammenhang mit dem Coronavirus nahezu reflexartig. Laut Thomas Klagian, dem Stadtarchivar in Bregenz, gibt es wenige exakte Hinweise auf Opfer aus Vorarlberg. Abgesehen davon, dass er das Thema Forschern empfiehlt, könne man davon ausgehen, dass das Virus in Bregenz etwa zu 500 Todesfällen führte. Das ist eine enorme Zahl, wenn man berücksichtigt, dass die Landeshauptstadt damals etwa 13.000 Einwohner zählte. Während Salzmann darauf verweist, dass man trotz der vielen Angaben und Forschungsergebnissen wohl nicht mit absoluter Sicherheit sagen kann, dass der Patient null ein US-Amerikaner war und das Virus im Zuge des Krieges bzw. der Truppenbewegungen nach Europa kam, wo man es in Spanien erstmals deutlich benannte, ist die hohe Zahl von mindestens 25 Millionen Toten auf die schlechte Versorgungslage am Ende des Ersten Weltkriegs zu beziehen. Dass die in kriegerischen Auseinandersetzungen stehenden Staaten den jeweils anderen die Schuld am Ausbruch der Krankheit gaben, weswegen auch vom „Flandern Fieber“ oder von der „Französischen Grippe“ gesprochen wurde, ist dabei wohl unerheblich. Ohne Medikamente war man der Krankheit hilflos ausgeliefert.

„1947 wurden die Schulen geschlossen, öffentliche Aktivitäten waren Jugendlichen untersagt.“

Aaron Salzmann, histor. Projektassistent

Und selbst wer nicht irgendwo in einem Feldlazarett lag, war auch in Bregenz, „einem Hinterland“ (Klagian), damit konfrontiert, dass das Spitalswesen mehr als nur ausbaufähig war. Vor der Jahrhundertwende wurde in Bregenz ein Gasthaus zum städtischen Krankenhaus ausgebaut. Das war der Stand der Dinge über Jahrzehnte. Die alte Gebäudestruktur ist auch nach dem Umbau in den 1950er-Jahren noch sichtbar.

1952 erfolgt der Aus- und Umbau des Bregenzer Krankenhauses. <span class="copyright">Stadtarchiv</span>
1952 erfolgt der Aus- und Umbau des Bregenzer Krankenhauses. Stadtarchiv
Vor der Jahrhundertwende wurde in Bregenz ein Gasthaus (ganz links im Bild) zum Krankenhaus umfunktioniert. <span class="copyright">Stadtarchiv</span>
Vor der Jahrhundertwende wurde in Bregenz ein Gasthaus (ganz links im Bild) zum Krankenhaus umfunktioniert. Stadtarchiv