Warum eine Madonna mit Kind ein Geschenk wurde

Eine Ansicht mit der Klosterkirche Mehrerau wirkt wie ein Erzählbild.
Bregenz Fast hätte es so kommen können, dass sich die Schwestern vom Herz-Jesu-Orden in der Mehrerau ansiedeln. Sie hatten nämlich ebenfalls ein Auge auf jenes Areal geworfen, auf dem sich seit dem 11. Jahrhundert ein Kloster befand, das im Jahr 1806 aufgelöst wurde. Während sich die Schwestern für die Riedenburg entschieden hatten, erwarben die aus Wettingen vertriebenen Zisterzienser-Mönche schließlich im Jahr 1854 die Liegenschaft am Bregenzer Bodenseeufer, die in der Zwischenzeit als Fabrik und Kaserne genutzt wurde. Die Kirche war ohnehin schon abgerissen worden, eine um 1500 geschaffene Madonna kam in den Privatbesitz. Dieses Werk wurde den Mönchen, die umgehend eine neue Kirche erbauen ließen, zum Geschenk gemacht. Es handelt sich um das Mehrerauer Gnadenbild.

Was macht die oben abgebildete, 1859/60 geschaffene Ansicht vom Kloster und der Kirche Mehrerau nun zu etwas Besonderem? Erstens handelt es sich um einen seltenen Stich, erläutert der Kunsthistoriker Tobias G. Natter, zweitens ist die Geschichte, die das Bild zu erzählen hat, eine spannende.
Einst neoromanisch
Die etwa 30 Zentimer breite Lithographie auf Papier ist Teil eines Mappenwerks und zählt zu einer Vorarlberger Privatsammlung. Sie zeigt die Kirche kurz nach ihrer Fertigstellung, im rechten unteren Bildrand ist ein Mönch im Zisterzienser-Habit dargestellt. Die korrekte Bezeichnung des Klosters, dessen Mönche die Schweiz im Zuge des Aargauer Kirchenstreits verließen, lautet Territorialabtei Wettingen-Mehrerau. Das Kloster ist als eine der wenigen Abteien direkt dem Heiligen Stuhl in Rom und nicht dem Ortsbischof unterstellt. Die Kirche wurde im neoromanischen Stil errichtet, in den 1960er-Jahren wurde sie purifiziert und erhielt ein Portal vom Vorarlberger Bildhauer Herbert Albrecht. VN-cd