Zwei Autoren, viele starke Themen

„Infantizid, Femizid, Suizid“ von Amos Postner und Felix Kalaivanan eindrücklich im Theater Kosmos.
Bregenz Was passiert mit einem Ort, der zu einem Tatort wird? Und wie gehen Medien mit so einem „Hyperunglück“ um? Nicht nur diese Fragestellungen wirft das Theaterstück „Infantizid, Femizid, Suizid“ der beiden Autoren Amos Postner und Felix Kalaivanan auf, das im Theater Kosmos, inszeniert von Stephan Kasimir, uraufgeführt wurde. Postner und Kalaivanan haben im vergangenen Jahr diesen sehr eindringlichen Text beim Kosmodrom-Stückewettbewerb eingereicht. „Es ging uns unter anderem um die Unterschiedlichkeit der Wahrnehmung eines Geschehens von verschiedenen Personen, aber auch darum, wie Narrative – durchaus auch in einem politischen Sinn – erzeugt werden“, erklärt Amos Postner.
Der Tatort ist ein konkreter Ort: Es ist ein mittlerweile leer stehendes Café, das so eigentlich überall stehen könnte. Mit nur wenigen Requisiten wird der Raum in Szene gesetzt. Einzig die mit roter Farbe verschmierten weißen Wände verweisen darauf, dass es ein Tatort war. Wobei die Mordfälle bis zum Schluss der Aufführung ausgeklammert bleiben. Die vier Protagonisten sind ein Immobilienmakler, ein Kameramann, eine Reporterin und der Caféhausbesitzer. Zum Auftakt ist der Immobilienmakler Matthäus mit dem Putzen des Cafés beschäftigt, das Blut und somit die schreckliche Tat soll beseitigt werden, damit das Café zum bestmöglichen Preis verkauft werden kann.
Kameramann Ulrich und die Reporterin Corinna agieren permanent aneinander vorbei. Die tragischen Ereignisse, die vor einem Jahr stattfanden, sollten medial bestmöglich in Szene gesetzt werden. „Wenn man etwa diesen Ort zeigen will mit der zugehörigen Begebenheit, mit diesem Verbrechen, dann muss alles so sein wie jeden Tag, wie gewöhnlich. Nur so kann man das Außergewöhnliche glauben. Das Außergewöhnliche glauben heißt, es vor dem Hintergrund des Gewöhnlichen zu begreifen, zu begreifen, dass es seinen Ort mitten im Gewöhnlichen hat“, erklärt Ulrich. Während Matthäus, Ulrich und Corinna emotional völlig ungerührt wirken, ist Caféhausbesitzer Hans-Peter durch die Ereignisse noch stets traumatisiert. Im Interview mit Corinna kommt seine innere Zerrissenheit zutage, einerseits hat er Schuldgefühle, da er die Tat nicht verhindern konnte, gleichzeitig betont er jedoch: „Das Ganze war ein blöder Zufall. Es hätte überall passieren können.“ In der rund vierzigminütigen Vorstellung werden komprimiert viele Themenbereiche eindrücklich dargestellt: das Wegsehen bei offenkundiger Gewalt gegen ein Kind, die Wahrnehmung ein- und desselben Geschehens durch unterschiedliche Personen, aber auch wie sich die topografische Bedeutung eines Orts in eine topologische verwandelt. Monika Bischof
Weitere Aufführung am 11. Juli, 20 Uhr, im Theater Kosmos in Bregenz.