Mit echten Masken für die Musiker

„Zeitklang im Museum II“ mit drei Uraufführungen, darunter auch eine von Thomas Thurnher.
BREGENZ Der Wiener Concert-Verein spielte jüngst im Vorarlberg Museum die Uraufführung des Stücks „Primavera in maschera“ von Sarah Marie Leonard in großer weißer Maskierung wie beim Karneval von Venedig, ergänzt durch eine Sammlung von Küchengeschirr als Klangerzeuger, weil die Komponistin während des Lockdowns neben dem Schreiben auch viel mit Kochen beschäftigt war. Solch plakative Mittel kommen beim wieder sehr zahlreichen Publikum natürlich gut an, ihr künstlerischer Wert dagegen bleibt fraglich. Nach dem ersten Konzert in Kammermusikformation sind die Musiker diesmal als 14-köpfiges Streicher-Kammerorchester unter dem Dirigenten Peter Schreiber angetreten. Dies hat zwar die Uraufführung gleich dreier Werke ermöglicht, man hätte sich freilich in allen Fällen eine detaillierter erarbeitete, kompaktere Wiedergabe gewünscht. Vor allem in Hinblick auf Genauigkeit im Zusammenspiel oder Artikulation war ein gewisses Probenmanko erkennbar, unter den gegebenen Umständen aber auch verzeihlich.
„Gravur“ von Wolfram Schurig
Am Beginn steht „Summer in the Seaside“ der niederösterreichischen Komponistin Ursula Erhart Schwertmann mit drei duftigen, in der Tradition des Impressionismus verhafteten Bildern in gemäßigt moderner Tonsprache. Werke des Feldkirchers Wolfram Schurig sind in Vorarlberg höchst selten zu hören, dafür an Topplätzen zeitgenössischer Musik wie Donaueschingen, bei Wien Modern oder dem Grazer Musikprotokoll. Mitten hinein in seine kantige, schwer verständliche Klangwelt führt sein Streichtrio „Gravur“ in komplexer Dichte und Kontrapunktik und mit Klängen der Mikrotonalität angereichert. Das Werk stammt aus seinem fünfteiligen Tintoretto-Zyklus, an dem Schurig zwölf Jahre gearbeitet hat und der 2011 uraufgeführt wurde. Inspiriert wurde er durch eine Grafik des Künstlers.
Originelle Töne schlägt dann der Welser Helmut Schmidinger mit seinem Streichquartett „Zupf di“ an. Ein Aperçu mit kleinen tonalen Zitaten und einem rhythmisch straffen Gefüge. Mit Jazzidiomen angereichert ist das Streichquintett „Oraculum Apollonis“, das elegant und charmant zwischen Beschwörungs-Mystik und Tango-Erotik changiert. Das eingangs erwähnte Stück „Primavera in maschera“ von Sarah Marie Leonard ist erst in den letzten Wochen vor seiner Uraufführung entstanden und trägt mit ulkigen außermusikalischen Einfällen zumindest zur guten Stimmung im Saal bei. Der Dornbirner Thomas Thurnher, dem man ein besonderes Händchen für Vokalvertonungen nachsagt, hat nach 2018 ein weiteres Auftragswerk für den Concert-Verein geschrieben, das sich „Gespinst“ nennt. Aus seinen Einleitungsworten wird allerdings klar, dass er offenbar „Gespinst“ mit „Gespenst“ verwechselt hat, auch wenn das musikalische Ergebnis wenig Spukhaftes zu bieten hat. Ob „Gespinst“ oder „Gespenst“, egal, immerhin ist es ein klangvoll instrumentiertes Werk für Streicher geworden. JU