Gut sichtbare Kolonialismuskritik in der Wiener Staatsoper

Kultur / 07.09.2020 • 20:06 Uhr
Der Eiserne Vorhang in der ersten Saison von Bogdan Roscic an der Wiener Staatsoper wurde von Carrie Mae Weems mit R&B-Ikone Mary J. Blige gestaltet. APA
Der Eiserne Vorhang in der ersten Saison von Bogdan Roscic an der Wiener Staatsoper wurde von Carrie Mae Weems mit R&B-Ikone Mary J. Blige gestaltet. APA

Wien In der ersten Saison von Direktor Bogdan Roscic an der Wiener Staatsoper wird das Publikum von einem fotorealistischen, kolonialismuskritischen Stillleben empfangen. Am Montag wurde vor der “Madama Butterfly”-Premiere der neue Eiserne Vorhang präsentiert, für den die US-Künstlerin Carrie Mae Weems verantwortlich zeichnet. Als Modell für Weems fungierte R&B-Ikone Mary J. Blige. Sie betrachtet sich im altmeisterlichen Setting eines barock-überladenen Tischbildes im Spiegel – gewandet in eine Mischung aus heutigem Outfit und Versatzstücken einstiger Herrschaftssymbole des Okzidents. Eine visuelle Anklage des eurozentrischen Blickregimes geht hier Hand in Hand mit einer Feier von Schönheit. “Was mich eigentlich interessiert, ist die Idee der Repräsentation an sich”, sagte Weems. Die gebürtige Portlanderin beschäftigen seit jeher die Fragen von Macht, Repräsentation und die Position schwarzer Frauen in der heutigen Welt und Gesellschaft.

Über dem Originalvorhang

Mit den Medien Fotografie, Digitalbild oder Video etablierte sich Carrie Mae Weems in der US-Kunstszene und war 2014 die erste Afroamerikanerin, die eine Einzelausstellung im New Yorker Guggenheim Museum realisieren konnte. Nun wurde sie ausgewählt, die 23. Überschreibung der 176 Quadratmeter großen Fläche des originalen Eisernen vorzunehmen. Bereits seit 1998 wird die Arbeit des ob seines Engagements während der NS-Zeit umstrittenen Rudolf Eisenmenger (1902-1994) überhängt.