Vorhang zu und Fragen offen, heißt es bei den Amateurtheatern

Kultur / 22.10.2020 • 10:00 Uhr
Vorhang zu und Fragen offen, heißt es bei den Amateurtheatern
Szene aus “Gute Geister” auf der Leandobühne. VN/CD

Für viele Amateurtheater zieht sich der Frühjahrslockdown bis ins nächste Jahr durch.

Dornbirn “Wir stehen selbst enttäuscht und sehen betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen”, heißt es bei Bert Brecht. Viele Jahre war es das Schlusswort der legendären TV-Sendung “Das literarischen Quartett”. Was damals auch ein Kokettieren war, weil sich die Kritikerrunde mit Antworten geradezu überschlug, bewahrheitet sich für einen Bereich des kulturellen Lebens in Vorarlberg leider deutlich. Rund 65 Amateurtheaterguppen sind hierzulande aktiv, viele wählen Stücke mit hohem literarischen Anspruch, ermöglichen mitunter auf sehr kreative Art die Begegnung mit Klassikern, widmen sich neuen Texten, bieten Nachdenkliches sowie Amüsement, scheuen sich nicht vor Aufregern und bereichern auch das gesellschaftliche Leben. Derzeit bleiben allerdings fast alle Vorhänge zu, berichtet Nina Fritsch, Geschäftsführerin des Amateurtheaterverbandes Vorarlberg, im Gespräch mit den VN.

Die Ereignisse vom Frühjahr sitzen noch in den Knochen. Der Coronalockdown hatte einige Gruppierungen kalt erwischt. Über 20 Ensembles hatten bereits Stücke geprobt und Werbematerial verschickt oder standen nur wenige Tage vor der Premiere als alle Veranstaltungen behördlich verboten wurden. Ihr ehrenamtliches Engagement für das sie jeweils viele Stunden neben der Erwerbstätigkeit und der Familienarbeit aufwenden, war für die Katz. Terminverschiebungen sind im Amateurbereich nicht so einfach, Mitwirkende stehen mitunter vor beruflicher Neuorientierung, wechseln den Ausbildungsort, können die Zeit nicht mehr erübrigen und sind nicht ersetzbar. Nur eine Handvoll Gruppierungen hat überhaupt für diesen Herbst etwas geplant. Angesichts der neuen Pandemieverordnungen erweist es sich zwar als schmerzliche, vielleicht aber sogar als weitsichtige Entscheidung.

Unzählige Ungewissheiten

“Was die Art der Probenarbeit betrifft, gibt es noch unzählige Ungewissheiten”, skizziert Nina Fritsch die momentane Situation. Die Geschäftsführerin, die jahrelang als Theaterpädagogin tätig war und mit den verchiedenen Jugendgruppen des Vorarlberger Landestheaters erstaunliche und begeisternde Produktionen realisierte, ärgert sich sehr über die weiterhin nachlässige Art der Verkündigung von schärferen Verordnungen in Österreich. “Jeder Schüler muss mittlerweile bei einem Referat ein Hand-out parat haben, ich vermisse das bei den Verantwortlichen.” Es gibt, so Fritsch, sehr viele Dinge, die mitzudenken sind, um sichere Probenarbeiten und Aufführungen zu gewährleisten. Seit sie die Funktion von Dagmar Ullmann-Bautz übernommen hat, war sie bei vielen Jahreshauptversammlungen anwesend, hat erfahren, dass vielen Gruppen die Perspektive fehlt und dass deshalb oft nichts anderes übrig bleibt als länger zu pausieren.

„Es herrscht eine große Verunsicherung, weil man nun wieder nicht weiß, ob die Arbeit für eine Produktion umsonst ist.”

Nina Fritsch, Amateurtheaterverband

Nur wenige konnten sich so organisieren, dass kleinere Projekte möglich sind. Das Lauteracher Theater Rampenlicht und die Laienspielgruppe Göfis haben mittlerweile Aufführungen durchgezogen, das Puppentheater Götzis spielt ebenfalls noch und beim Bregenzer Theaterstadl hat man den Saal neu vermessen und spielt das Stück “Auf Amts-Wegen” vor jeweils diszipliniert mit Mund-Nasenschutz weit auseinandersitzenden 50 Personen.

Viel Herzblut

Nina Fritsch weiß, wie viel Herzblut in den Produktionen steckt. Amateure hätten zwar keine finanziellen Einbußen zu beklagen, es sei aber allen Beteiligten bewusst, wie wertvoll gerade in den kleinen Orten das gemeinsame Erlebnis wäre. Auch für das Frühjahr sei vorerst wenig bis nichts geplant. Niemand will sich schließlich strafbar machen.

„Loriotisches“ im Theater Sulzberg. 
„Loriotisches“ im Theater Sulzberg.