Musiktipps. Von Fritz Jurmann

KÜNSTLER Daniel Barenboim, Klavier, Michael Barenboim, Violine, Kian Soltani, Violoncello
ALBUM Beethoven Piano Triosc
LABEL DG (3 CD)
Für ein neues Klaviertrio nahm Daniel Barenboim neben seinem Sohn Michael als Geiger auch den von ihm hoch geschätzten Bregenzer Cellisten Kian Soltani ins Boot. Neben internationalen Tourneen überzeugte man mit den Klaviertrios von Mozart. Im Beethoven-Jahr folgten dessen Trios. Und wieder ist es bestechend, wie Kian Soltani sich auf Augenhöhe mit den Barenboims misst, wie eine klassisch fundierte Harmonie neben virtuoser Brillanz und Spielfreude zum hervorstechendsten Merkmal dieser Einspielung wird. Das Album legt auf drei CDs frappant die Entwicklung Beethovens in diesem Genre frei, vom ersten bahnbrechenden Opus 1 von 1795, das nach der barocken Triosonate jedes Instrument gleichwertig behandelt, bis zu Opus 97 von 1811 mit seinen symphonischen Weitungen. Wie die Musiker dieser Kammermusik von höchster Güte nachspüren, brauchen sie keinerlei Vergleiche mit älteren Klaviertrios zu scheuen.
KÜNSTLER The Zurich Chamber Singers, Leitung Christian Erny
ALBUM O nata lux
LABEL BERLIN CLASSICS/Edel Kultur
Eine gehaltvolle vokale Einstimmung auf das Weihnachtsfest erreicht uns aus Zürich, wo sich die Chamber Singers unter Christian Erny mit präziser stimmlicher Arbeit und innovativen Programmkonzepten einen geachteten Namen im A-cappella-Bereich ersungen haben. Das 19-köpfige Ensemble beleuchtet in diesem Album in Strophenliedern und Motetten aus fünf Jahrhunderten die Botschaft von Weihnachten aus verschiedenen Blickwinkeln. Das uralte „O nata lux“ von Thomas Tallis gibt das Thema vor: Das Symbol des Lichts, das durch die Dunkelheit dringt, findet sich in adventlicher und weihnachtlicher Sangeskunst in vielen Ländern und Liedern.
KÜNSTLER Roland Neuwirth, Gesang, Florian Krumpöck, Klavier
ALBUM Winterreise (Schubert/Neuwirth)
LABEL QUINTON
Schuberts Liederzyklen sind heute längst keine unantastbaren Heiligtümer mehr. Wenn sich der Ex-Extremschrammler Roland Neuwirth nun an Schuberts „Winterreise“ heranmacht, dann ist auch das kein Sakrileg. Es ist, wenn man es so authentisch, mit Geist und Witz, eigenem Gedankengut zu den Themen angeht wie Neuwirth, sogar eine Art Rückführung auf den Ursprung des Kunstliedes. Denn so mag auch Franz Schubert damals im Wien des Biedermeier empfunden haben, als er diesen Zyklus von „24 schauerlichen Gesängen“ vertonte. Die textlichen Originale Wilhelm Müllers legten ihm von Anfang die Todesnähe offen. Neuwirth greift diese Stimmung auf, verdichtet sie zu einer einzigen, hoffnungslosen Dialekt-Ballade. Unberührt von alledem spielt Florian Krumpöck dazu jede Note von Schuberts Klavierbegleitung im Original.
KÜNSTLER Lang Lang, Klavier
ALBUM Bach Goldberg-Variationen
LABEL DG (2 CD)
Es gilt auch in allerhöchsten Pianistenkreisen als Abenteuer, sich auf Bachs Goldberg-Variationen einzulassen. Starpianist Lang Lang hat eine Einspielung veröffentlicht, der man in ihrer Tiefe und Brillanz nichts mehr von übermenschlichen Auflagen anmerkt. Die immer wieder kolportierte Geschichte, Bach habe dieses Werk 1740 für den Adlatus des Grafen Kayserling als „Schlafmittel für seinen Herrn erfunden“, erscheint einem angesichts solcher Extreme kurios. Lang Lang steht auch angesichts von Hochgeschwindigkeitsstrecken zunächst rein technisch souverän über der Sache, macht auch im dichtesten Geflecht des Kontrapunktes die Stimmführung klar und unterstreicht die vielfältige Charakteristik der 30 kunstvollen Variationen durch feine farbliche Abstufungen. Von wegen „Schlafmittel“, eher: schlaflos mit Bach.


