Einst verkannter kritischer Kopf

Subtile Kritik: Brief mit Hitlermarken.
Forschung zu Edmund Kalb von Rudolf Sagmeister trägt international Früchte.
Dornbirn, Oxford Im Jahr 2019 fand eine große Ausstellung mit Arbeiten des Dornbirner Malers und Forschers Edmund Kalb (1900-1952) im Leopold Museum in Wien statt. Um die internationale Aufmerksamkeit, die dem einst verkannten Künstler dabei zuteil wurde, noch zu untermauern, war es den Kuratoren Kathleen und Rudolf Sagmeister wichtig, dass dazu ein zweisprachiger Katalog herausgebracht wird. Die Forschungsarbeiten des Kunsthistorikers Rudolf Sagmeister zeigen nun im Besonderen Wirkung. Der deutsche Dichter Durs Grünbein hat sich im Rahmen seiner Vorträge an der Universität Oxford intensiv mit dem Vorarlberger beschäftigt. Sagmeister hat weitere Informationen, Dokumente, Fotos und künstlerische Arbeiten geliefert, die Grünbein nun für seine Publikation der Oxford Lectures mit Titel „Jenseits der Literatur“, erschienen im Verlag Suhrkamp, verwendet hat.
Ein Unerschrockener
Durs Grünbein bezieht sich in seiner ausführlichen Abhandlung auf die Arbeiten sowie die Forschungen des Künstlers und Wissenschaftlers, aber vor allem auf Kalbs Widerstand gegen das NS-Regime oder die staatliche Willkür: „Kalb war der Unerschrockene, gegen den kein Kraut gewachsen war. Die Liste seiner Vergehen war lang: Widerstand gegen die Staatsgewalt, Gehorsamsverweigerung, Beamtenbeleidigung, Missachtung der psychiatrischen Gutachten. Und es ist kein Zufall, dass sein Martyrium sich fortsetzte, als der Krieg längst aus war. Sofort geriet er wieder mit der Gendarmerie in Konflikt.“ Erwähnt wird auch das subtile Ausschöpfen der Möglichkeiten einer kritischen Positionierung. Bei der Frankierung von Briefen nahm Kalb auf die Omnipräsenz von Hitlerporträts Bezug, beklebte die Kuverts mit zahlreichen Marken zum jeweils geringsten Wert oder zerschnitt die Porträts. Laut Rudolf Sagmeister hatte Edmund Kalb schon früh ein kritisches Denken gezeigt. Eine Fotografie von einem nachdenklichen Knaben hatte er mit folgendem Satz beschriftet: „Das Erfindende im Menschen entwickelt sich aus ungewöhnlich starkem und unverstandenem Drange der Jugend zu innerem Schauen, zur Wirklichkeit.“ Weitere Kalb-Ausstellungen zu planen, sei aufgrund der momentanen Situationen mit den Museumsschließungen schwierig. Nachdem sich der Wunsch zerschlagen habe, das einstige Wohnhaus von Kalb in Dornbirn für die Öffentlichkeit zu nutzen, hat der eigens dazu gegründete Verein aber noch zahlreiche Dokumente und Arbeiten gesichert und sie als Schenkung dem Vorarlberg Museum in Bregenz zur Verfügung gestellt.
„Wir haben dem Vorarlberg Museum noch zahlreiche Dokumente und Werke geschenkt.“

Kalb-Haus in Dornbirn ist nicht zugänglich.

Edmund Kalb in Fliegeruniform.

