Opulent erzähltes Schicksal einer Frau

1431
Sophie Reyer
Czernin Verlag
240 Seiten
1431 ging Jeanne d’Arc in Rouen in Flammen auf.
Roman Im Klappentext ist nur von Johanna die Rede. Anhand des Plots dreht sich aber alles offenbar um Frankreichs Nationalheldin, die während des Hundertjährigen Kriegs (1337 bis 1453), in dem England seine erbrechtlich argumentierten Thron- und Herrschaftsansprüche gegen Frankreich durchsetzen will, als Halbwüchsige erste Visionen hat. Diese Erscheinungen lassen sie in ihrem Wunsch, für die Heimat und ihre Überzeugungen zu kämpfen, immer fanatischer und radikaler werden. Letztlich reitet sie in einer an sich der Männerwelt vorbehaltenen Rüstung an vorderster Front in den Kampf, um die englische Belagerung der Stadt Orléans erfolgreich zu beenden. Da die Franzosen aber in Folge die Schlacht von Compiègne verlieren, wird Jeanne d‘Arc an die Engländer ausgeliefert und schließlich vom pro-englischen Bischof von Beauvais, Pierre Cauchon, anhand verschiedener – auch auf Intrigen basierender – Anklagen als Ketzerin zum Tod verurteilt. 1431 verbrennt Jeanne d‘Arc 19-jährig auf dem Marktplatz von Rouen. Später wird sie rehabilitiert, zur Märtyrerin erklärt und 1920 heiliggesprochen. Vielleicht geht es in Sophie Reyers Roman aber en gros um das opulent erzählte Schicksal einer einzigartigen Frauenfigur, die ihrer Zeit voraus war.
Feurig formuliert
Mit wortgewaltigen Sprachspiralen webt die 36-jährige Wiener Schriftstellerin viele Einzelstränge, die der historische Stoff hergibt, zu einem literarischen Ganzen. Zwar geht sie dabei chronologisch vor, doch bleibt die Erzählung ein dichtgestrickter Fleckerlteppich, der sich einerseits sehr behände, andererseits doch schwerfällig vor dem Leser ausbreitet. Wortkaskaden überschwemmen die Seiten. Sie beschreiben wohl das Gemüt eines hypersensiblen Mädchen, das offenbar über esoterische oder metaphysische Eigenschaften verfügt und im Lauf seines weiteren Lebens anderen verborgen bleibende Wahrnehmungen hat. Wer sich von „1431“ nun erhofft, ein Bild des Lebens, der Gesellschaft, des politischen, profanen, aber auch klerikalen Alltags des Spätmittelalters vermittelt zu bekommen, in dem Jeanne erst zur Ikone hochstilisiert und dann angezündet wird, kommt nur bedingt auf seine Rechnung. Feurig formuliert ist es aber allemal.