Von der Politik hängen gelassen

Frauenmuseum gilt als Vorzeigeprojekt, wie die Arbeit von Frauen ist es zu gering dotiert.
Hittisau „Das Frauenmuseum wird gerne als Vorzeigeprojekt für ambitionierte, qualitativ hochwertige Kulturarbeit im ländlichen Raum angeführt. Halbwegs vernünftige Rahmenbedingungen für uns zu schaffen, scheint aber für die Politik eine unüberwindbare Hürde zu sein.“ Stefania Pitscheider Soraperra, seit über zehn Jahren Leiterin des Frauenmuseums in Hittisau, belegt im Gespräch mit den VN diese Umstände mit ernüchternden Zahlen. Vom Land Vorarlberg und von der Gemeinde Hittisau erhält die Einrichtung je 100.000 Euro, dazu kommen 50.000 Euro vonseiten des Bundes. Punktum. Um große Projekte wie etwa die aktuelle Ausstellung zur Geburtskultur mit einem umfangreichen Rahmenprogramm realisieren zu können, ist sie auf Spendengelder angewiesen. Um diese zu lukrieren, braucht es den Einsatz einer Fachkraft, momentan kämpft die Einrichtung – die einzige dieser Art in Österreich, die zudem bereits mehrfach ausgezeichnet wurde – um die Finanzierung einer notwendigen Halbtagsstelle. Mittlerweile überlegt man, diese per Crowdfunding zu ermöglichen.
Wer sich je mit dem Kulturbericht des Landes, also der Auflistung von Subventionen und Investitionen in Vorarlberg, beschäftigt hat, der weiß, dass das öffentliche Budget des Frauenmuseums im Vergleich mit anderen Einrichtungen äußerst gering ist. An sich wollte die Politik längst darauf reagieren. „Im Regierungsprogramm steht schwarz auf weiß, dass die Landesregierung die Leistungen unseres Hauses anerkennt und das Frauenmuseum besser finanzieren wird“, erklärt die Museumsleiterin: „Kein Euro, der in die Kultur fließt, ist ein Euro zu viel. Deshalb sollte das Kulturbudget größer werden. Ich will die Einrichtungen nicht gegeneinander ausspielen, aber wenn der Budgetkuchen so ist, wie er ist, dann müssen wir über dessen Verteilung reden.“
International vernetzt
Das Frauenmuseum zählte trotz der knappen Personalressourcen zu jenen Einrichtungen, die während des Corona-Lockdowns umgehend digital aktiv wurden. Vorträge wurden online vermittelt. Auch wenn das Haus nun seit wenigen Wochen wieder geöffnet ist, wurde der Zeitpunkt für den Start von Veranstaltungen noch nicht definiert, deshalb bietet man eine Tagung zu Geburtsräumen bzw. zu heilenden Aspekten in der Architektur in Kooperation mit dem Vorarlberger Architekturinstitut Ende März noch digital an. Möglich ist das nur, weil eine Stiftung die Veranstaltung mitfinanziert. Die gute internationale Vernetzung ist somit gegeben. Sie zeigt sich auch darin, dass die aktuelle Geburtskultur-Ausstellung von Hittisau nach Charkiw in der Ukraine, in ein Frauenkulturzentrum in Barcelona sowie ins Frauenmuseum nach Meran kommt.
Unterbewertet
Die Bedeutung des ländlichen Raums ist, so Stefania Pitscheider Soraperra, ohnehin unterbewertet, sowohl was positive gesellschaftliche Entwicklungen als auch negative betrifft. Die Kürzung des Kulturbudgets in Vorarlberg sowie die Verteilung der Mittel bleiben ein Problemfeld: „Die Landesregierung stellt heuer zusätzlich außerbudgetär 30 Millionen Euro der Bauwirtschaft zur Verfügung. Es gibt eine Branche, die unter Corona kaum gelitten hat, und das ist die Bauwirtschaft. Das Geld kommt damit zudem so gut wie ausschließlich Jobs für Männer zugute. Mit Investitionen in die Bildung, in die Kultur und in die Pflege schafft man genauso viele und in der Regel qualifiziertere Jobs. Und dies mehrheitlich für Frauen, die bisher nur zu einem Drittel von den Corona-Finanzhilfen profitiert haben.“
Der Klimawandel, die Geschlechterdiskussion, die ungerechte Verteilung der Güter sowie die Zukunft vo Kultureinrichtungen sind die nächsten Themen in Hittisau: „Was die Kulturinstitutionen anbelangt, mache ich mir Sorgen um die langfristigen Folgen der Lockdowns. Den Kulturbereich hat es besonders gebeutelt, weil hier ohnehin so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten.“
„Wenn der Budgetkuchen so ist wie er ist, dann müssen wir über dessen Verteilung reden.“
Am 25. und 26. März veranstaltet das Frauenmuseum Hittisau gemeinsam mit dem VAI die Fachtagung „First Room“ zu Geburtsräumen bzw. einer heilenden Architektur.