Aufkeimendem Unrecht ist Einhalt zu gebieten

Mit „Der heilige Zorn“ betitelt die Vorarlberger Künstlerin
Christine Lederer ihre Ausstellung im Bildraum Bodensee.
Bregenz Für Christine Lederer wäre es etwas unangenehm, für unsere Gesellschaft wäre es jedoch schön, wenn man die nun zu sehenden Arbeiten der Vorarlberger Künstlerin im Bildraum Bodensee in Bregenz als einen Rückblick auf die Zeit vor rund 40 bis 50 Jahren begreifen könnte. Österreichische Künstlerinnen wie VALIE EXPORT, Maria Lassnig, Ingeborg Strobl, Birgit Jürgenssen und Ona B. hatten sich damals durchgesetzt. In der Region wurde Anne Marie Jehle zwar lange verkannt, letztlich gilt aber auch sie ebenso als Seismografin wie als Kämpferin gegen ein Unrecht, das sich auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch in der Ungleichbehandlung der Geschlechter manifestierte. Als Renate Bertlmann vor knapp zwei Jahren als erster Frau der Österreich-Pavillon auf der Biennale in Venedig überlassen wurde, wirkten einige ihrer dort zu sehenden Werke wie ein Rückblick auf die feministische Kunst der 1970er-Jahre. Die Relevanz solcher Arbeiten wird deutlich, wenn – auch aufgrund der Pandemie – sichtbar wird, wie rasch und unverschämt Frauen in alte Rollenbilder gedrängt werden.
Heilsamer Zorn
So gesehen ist der Titel der Schau “Der heilige Zorn” nicht übertrieben provokant, bezeichnet er doch das von Wut begleitete Einsetzen für eine gerechte Sache. Einen heilsamen Zorn nennt es die Emotionsforscherin Amrei Wittwer, die am 29. April, 18 Uhr, im Bildraum auftritt. Die aktuellen Installationen von Christine Lederer sind weniger von Humor geprägt als jenes Bild, auf dem sie nackt hinter einem Bügelbrett steht und für das sie mit dem Hypo-Kunstpreis ausgezeichnet wurde. Ihren gut eingesetzten Sarkasmus hat sie aber nicht verloren, wenn sie sich in Revolutionspose mit einer Fahne aus Geschirrtüchern ablichten lässt. Die Installationen mit Weichspülern und Wäscheständern nehmen sich da etwas zahmer aus. “Optimistisch bis zum Rand”, heißt es fast zynisch. Im Vergleich zur Zeit von Anne Marie Jehle (1937-2000), auf deren Art des Aufbegehrens Christine Lederer (geb. 1976) etwa mit den Tellerskulpturen anspielt, gibt es heute mehr Möglichkeiten, sich gegen Rollenbilder und Sexismus zu wehren, die gesellschaftliche Missstände wie allgemeine Respektlosigkeit oder konkrete Altersarmut zur Folge haben.
Zur Person
Christine Lederer
Geboren 1976 in Bludenz
Ausbildung Studium Kommunikationsdesign in Augsburg, bei Olaf Metzel an der Akademie der Bildenden Künste in München
Austellungen Magazin 4 in Bregenz, milk-ressort Göfis, Palais Liechtenstein Feldkirch, Frauenmuseum Hittisau, Kunstverein Friedrichshafen etc.
Auszeichnungen Rookie der Art Bodensee; Hypo-Kunstpreis
Die Ausstellung im Bildraum Bodensee in Bregenz (Altes Postgebäude an der Seestraße) ist bis 15. Mai geöffnet, Di bis Do, 13 bis 18 Uhr, Fr und Sa, 11 bis 16 Uhr.