Wer schon hat, dem wird auch gegeben

Das Ensemble dieheroldfliri.at befasst sich mit einem höchst brisanten Thema, dem Erben.
Feldkirch „Geld ist mein Freund. Das Geld liebt mich und fließt vermehrt zu mir. Geld ist mir sympathisch. Geld ist eine wunderbare Kraft des Guten“, so erklingt es schon beim Betreten des Alten Hallenbads in Feldkirch. Was nach einem Mantra des Geldflusses klingt, verdeutlicht, Geld fließt zu denen, die es bereits haben – besonders, wenn es um das Erben geht. Mit „Kind.Erbe.Reich“ setzt sich das Ensemble dieheroldfliri.at mit diesem komplexen Thema auseinander. In gewohnter und guter Manier werden die unterschiedlichen Aspekte von Szene zu Szene herausgearbeitet, mit Fakten untermauert und das Publikum immer wieder direkt adressiert oder involviert. Ein Zeichen, dass Erben uns alle etwas angeht, ob wir wollen oder nicht. Natürlich wird auch die Moralkeule geschwungen, aber unsere Zeit verträgt ein paar Moralkeulenschläge in die richtige Richtung.
Ungerechtigkeit
Das Leben ist oft ungerecht, Erben fast noch mehr – und es geht immer um „Kohle, Asche, Schotter, Koks, Pinke-Pinke und Moneten“. Anhand des wunderbaren Party-Kuchen-Beispiels zeigt Maria Fliri als herrlich, wahnsinnige Partymutter das Ausmaß der Ungerechtigkeit auf. Zehn Prozent der Menschen besitzen zwei Drittel des Gesamtvermögens – „Teilen ist nicht!“, wie Fliri im Stück klar macht. Für einen Großteil der Menschen wird es immer schwieriger, von der Erwerbsarbeit Leben zu können. Löhne sind niedrig und Arbeit ist hochversteuert – bis zu 55 Prozent. Aber Erbschaften sind nicht zu versteuern. Reichtum wird vererbt. Armut auch. „Ich könnte mir mein Leben nicht leisten, hätte ich nicht geerbt“, erklärt Marion Freundorfer im Stück. Wer eine gute Zukunft haben möchte, muss erben. Alleine der Stücktitel klingt nach einer Aufforderung: Kind, erbe reich!
Über das Erbvolumen
Das Stück legt einen starken Fokus auf die Erbschaftssteuer. Österreich hat keine entsprechende. Das Erbvolumen in Österreich beträgt jährlich 15 Milliarden unversteuerte Euro – Tendenz steigend. Hier arbeitet Barbara Herold heraus, wie eine nicht existente Erbschaftssteuer dazu beiträgt, dass Arm und Reich immer mehr auseinanderdriften und in ihrem Status zementiert werden. So äußert sich eine Figur fast salopp „Ich habe sehr viel Geld und es wird einfach immer mehr“, nur Minuten später erklärt eine andere Figur, dass sie immer dachte, sie hätte etwas falsch gemacht in ihrem Leben, denn das erarbeitete Geld, hätte nie gereicht, bis sie herausfand, dass die anderen alle geerbt hätten. Neben dem politischen Blickwinkel vergisst Herold aber nicht, auch den emotionalen Aspekt des Erbens. Dieser wird durch Peter Boceks Geschichte vom Nicht-Geliebten und eigentlich Enterbten eindrücklich auf die Bühne gebracht. Und auch die armen Reichen, die in Therapie müssen, werden porträtiert.
In amüsanten 70 Minuten schaffen es Maria Fliri, Marion Freundorfer und Peter Bocek die Zuschauer in die „Erbsache“ reinzuziehen und sie auch nicht wieder loszulassen. dieheroldfliri.at macht Theater das (nach)wirkt. Am Ende stehen sieben wunderbare Frauen und ein großartiger Mann auf der Bühne und der Gedanke kommt auf, würde es diese geballte, weibliche Qualität nicht nur im Theater, sondern auf dem politischen Parkett geben, gäbe es vielleicht einige Ungerechtigkeiten weniger und vielleicht eine Erbschaftssteuer.
Weitere Aufführungen des Stücks: 15. Mai, 17 Uhr; 16. Mai, 11 und 17 Uhr; 18., 19. und 20. Mai, 18 Uhr, im Alten Hallenbad in Feldirch: dieheroldfliri.at