Am Anfang war die Form oder die Idee

Oliver Bischof, Dietmar Gruber und Andreas Sagmeister, drei
Bildhauer aus Österreich, in der Villa Claudia in Feldkirch.
Feldkirch Jedem Werk liegt in der Regel die Idee zugrunde – oder auch die Form. Denn der Form als äußere Gestalt realer Objekte ist die Idee buchstäblich in die Wiege gelegt. So lässt sich die Bedeutung der Form erst in Verbindung mit dem griechischen Begriff Eidos erschließen, der zunächst die endliche Ausformung und -gestaltung von Materie meint. Er meint aber auch das Zusehende, das Wesen oder in der antiken Philosophie die Idee, also die Eingebung, den Impuls, den leitenden Gedanken, der einem Werk vorausgeht.
Dieser Wille, den Willen zur Idee und damit eben auch zur Form zeigen aktuell drei österreichische Bildhauer in und rund um die Villa Claudia (dem Domizil der Vereinigung KunstVorarlberg) in Feldkirch. Oliver Bischof (geb. 1969), Dietmar Gruber (geb. 1964) und Andreas Sagmeister (geb. 1966) präsentieren gemeinsam unter dem Titel „RAUMgreifen“ ihre großskulpturalen Arbeiten, welche in mehrjährigen Besuchen des internationalen Stahlsymposiums in Riedersbach entstanden. Dort kamen die Künstler auch erstmals miteinander in Kontakt. Kein Zufall, denn die drei Bildhauer sind sich von der konzeptuellen und formalsprachlichen Herangehensweise an ihre Arbeiten her ähnlich. Äußere Reduktion auf elementare geometrische Grundformen, serielle Anordnungen sowie die Verwendung von industriellen Materialien und Fertigungsweisen – alles Merkmale minimalistischer Raumkunst. Die metaphorische Komponente wird erstmals gänzlich neutralisiert, so scheint es zumindest, wenn etwa Andreas Sagmeister in seiner konsequenten Formalsprache maschinell gefertigte Winkel und Quader in den Raum stellt oder in serieller Anordnung an der Wand anbringt; wenn Oliver Bischof anhand elementarer Module konkrete, bisweilen von der Gravitation losgelöste Skulpturen schafft – wie etwa seine 2011 entstandene „Stele“. Dabei legen die Arbeiten der drei Künstler Bedeutungen frei, die nicht in kulturell verabredeten Symbolen verankert sind oder eine Entsprechung in der Wirklichkeit haben (wie beispielsweise die Abbildung einer Rose), sondern die direkt aus der bildnerischen Qualität einer Form bzw. von Formbeziehungen hervorgehen.
Grenzen ausloten
Doch während bei Sagmeister eine klar definierte und eigenwirksame formale Gestaltung zum Ausdruck kommt, loten Bischof und Gruber ab und an die Grenzen natürlicher und künstlicher Formalsprache aus. Insbesondere Dietmar Gruber – eigentlich Keramiker – zeigt mitunter von der Natur angeregte Formen, wenn er etwa, sowohl im Großen als auch im Kleinen, auf organische und kristalline Formen setzt. Der Künstler ahmt jedoch weniger nach, als er entlehnt, Vorgefundenes verdichtet, reduziert, im wahrsten Wortsinne reformuliert. Gruber begebe sich in einen physischen wie psychischen Dialog mit seinen Materialien und schaffe dadurch neue Realitäten, wie er selbst festhält.
Dem Besucher sei derweil empfohlen, den Dialog mit den Skulpturen nicht sofort im Außenbereich der Villa zu suchen, sondern in der Ausstellung in den Innenräumen. Denn dort gewähren die drei Bildhauer Einblicke in ihre Schaffensprozesse: Modelle und Studien aus Holz, Kork oder Wachs, Kleinplastiken sowie Skizzen und Grafiken geben Aufschluss über das Dahinterliegende – über Ideen und wie sie Formen annehmen. Wer sich auf diesen Dialog im Innenraum einlässt, erhält Antworten zu den Großskulpturen im Außenbereich der Villa Claudia.

Geöffnet in der Villa Claudia in Feldkirch (Bahnhofstraße 6) bis 20. Juni: Fr, 16 bis 18 Uhr; Sa, 15 bis 18 Uhr; So, 10 bis 12, 15 bis 18 Uhr. Skulpturen im Park bis Ende August.