Junge Musikerinnen spielen, dass die Funken nur so fliegen

Kultur / 07.06.2021 • 11:00 Uhr
Junge Musikerinnen spielen, dass die Funken nur so fliegen
Die junge Saxofonistin Ayleen Weber mit dem Orchester des Landeskonservatoriums unter der Leitung von Benjamin Lack.  JU

Das Landeskonservatorium präsentierte Preisträgerinnen des Solistenwettbewerbes.

FELDKIRCH Mit Ungeduld wartete man am Landeskonservatorium darauf, das Ergebnis des Solistenwettbewerbes zu präsentieren, der im Jänner mit 45 jungen Musikern stattgefunden hatte. Nach einem ersten Versuch Anfang Mai, der im Lockdown scheiterte, war es nun gestern soweit. Die gelockerten Bestimmungen erlaubten eine vorsichtige Bespielung des Festsaals in einer Matinee mit zwei fabelhaften Preisträgerinnen und dem Orchester des Landeskonservatoriums unter Benjamin Lack. Ein Vormittag, der die Ungeduld der Verantwortlichen mit einem Schlag verständlich machte.

Die Flötistin Héléna Macherel wurde bereits in Berlin und New York unterrichtet und studiert nun in Feldkirch.
Die Flötistin Héléna Macherel wurde bereits in Berlin und New York unterrichtet und studiert nun in Feldkirch.

Für das ebenfalls gespannte Publikum war das ein fantastisches (Über-)Lebenszeichen. „Die Freude ist riesengroß, wieder gemeinsam musizieren zu dürfen. Das gibt uns ein Gefühl der Freiheit“, meinten dazu unisono die beiden jungen Künstlerinnen. Beide stammen aus der Schweiz und sind hochgradig ausgebildete Musikerpersönlichkeiten mit erstaunlicher Reife und Überzeugungskraft, trotz ihres unterschiedlichen Alters. Die in Lausanne geborene Flötistin Héléna Macherel ist 26, während die erst 19-jährige Saxophonistin Ayleen Weber aus Diepoldsau noch etwas Jungmädchenhaftes an sich hat – nur im Auftreten, nicht im Spiel, das beide auswendig bewältigen, als Merkmal für das Außergewöhnliche.

Macherel hat zwar bereits Meisterkurse in Berlin und an der berühmten New Yorker Juillard School absolviert und ist schon mit dem Zürcher Kammerorchester aufgetreten. Trotzdem fühlt sie sich in Feldkirch in der Klasse der Französin Nolvenn Bargin wunderbar gut betreut. In Mozarts D-Dur-Konzert erweckt sie dessen reizvolle Themen elegant und sprühend zum Leben, besonders das populäre Finale, das glatt aus der „Zauberflöte“ sein könnte, es aber nicht ist. So verschwenderisch ging Mozart mit seinen Einfällen um, auch mit den hohen Anforderungen an die Solisten. Kein Problem für Macherel, die das Konzert unglaublich verinnerlicht hat, makellos im Technischen, bestechend im feinsinnigen Ausdruck.

Ayleen Weber aus Diepoldsau begann mit acht mit dem Saxophon und studiert seit 2015 am Landeskonservatorium in der Klasse von Fabian Pablo Müller. Für ihren Auftritt hat sie sich als Kontrast das 1935 entstandene energiegeladene Concertino da camera des Franzosen Jacques Ibert vorgenommen, das gleich mal in einem leicht geschärften swingenden Big-Band-Sound daherkommt, dass man glauben könnte, es sei von Gershwin. Wie vom Komponisten verlangt, reizt Weber dabei lustvoll und pausbäckig auch die technischen und klanglichen Grenzen, die perkussiven Möglichkeiten ihres Es-Alt-Saxophons voll aus, dass die Funken nur so fliegen, und überzeugt dabei mit sympathischer Gelassenheit, gleichwohl hoch virtuos und sanglich.

In beiden Fällen bietet das gut disponierte Sinfonieorchester des Konservatoriums den Solistinnen einen sorgfältig gewobenen Teppich, ist ihnen Stütze und Dialogpartner zugleich, stets in angemessener Balance und einem Höchstmaß an Übereinstimmung. Vom schlank besetzten, anfangs noch etwas spröden Mozart als Ausgangspunkt wird erweitert bis zum klassischen Sinfonieorchester bei Haydns letzter Sinfonie Nr. 104 mit Naturtrompeten und Pauken, von zarten Frauenhänden gespielt. Und hier strahlt nun auch das Orchester solo in seiner Klangkultur, wie sie Benjamin Lack erneut aus diesen 38 Studierenden hervorgezaubert hat. Freudenfanfaren bestimmen den Kopfsatz, der finale Rausschmeißer mit einem bekannten Rigaudon könnte wohl auch dem Virus als Abschiedsignal gelten. Jedenfalls nehmen die jungen Musiker und ihr Dirigent dem Werk knallig, in kontrolliertem jugendlichen Übermut alles Altvaterische, das man diesem Komponisten so gerne andichtet. Ein rundum beglückender Vormittag mit viel Wärme und Herzlichkeit. Und unter der Maske auch mit ein bisschen Hoffnung auf Normalität. Fritz Jurmann